Stadt-Teilchen Man muss sich seine Inseln schaffen — zum Beispiel mitten in Bilk
Düsseldorf · Wie und wo man sich mitten in der Stadt seine Inseln sucht. Zum Beispiel vor den Arkaden in Bilk.
Bambus wiegt sich im Wind. Ich sitze im Strandkorb und blinzle in die Sonne. Der Himmel ist blau, sanft durchzogen von weißen Schlieren-Wolken. Nein, der Sommer ist noch nicht vorbei. Das sieht man, riecht man, schmeckt man.
Vor mir eine Edelfischsuppe in einem Porzellan-Schiffchen, dazu eine Apfelschorle in einem eisgetönten Glas mit dem typischen Hummer-Logo. Schräg gegenüber lockt silber schimmernd wie Fischschuppen der ambulante Kaffeewagen des Röstmeisters. Wenn ich wollte, könnte ich von hier aus auch mal kurz ins Wasser springen, das Schwimmbad ist gleich um die Ecke.
Neid? Nutzlos! Ich bin doch gar nicht auf Sylt! Gosch gibt’s inzwischen vielerorts, sogar auf dem Meer in den Kreuzfahrt-Kolossen von „Mein Schiff“. Und in Düsseldorf am Unteren Rheinwerft schon lange. Das war am Anfang der Hit an der Uferpromenade. Inzwischen hat’s etwas nachgelassen, die Qualität bei gestiegenen Preisen, unverändert prächtig: die Aussicht auf den Sonnenuntergang in Oberkassel.
Doch der pure Zufall hat mich hierher verschlagen zum Goschen, wie es in der Werbung heißt, mitten in Bilk. Ein Zeitfenster musste überbrückt werden. Um die Mittagszeit. Und so landete ich im geräumigen Korb und fühlte mich gleich wie in Arkadien, dieser sagenhaften griechischen Landschaft auf dem Peloponnes. Um mich herum babylonisches Sprachgewirr, wie auf dem Markusplatz in Venedig oder den Ramblas von Barcelona.
Ich versteh nur Bilker Bahnhof. Die Leute, sämtlich leicht gebräunt und mit Sonnenbrille, wirken allesamt gut gelaunt. Und das mitten am Tag in Bilk. Kneif mich Einer! Ich glaub’s ja nicht! Doch gegenüber flattern die Fahnen im Wind und signalisieren mir: real, real, real.
Hinter dem in sämtlichen Herbsttönen leuchtenden Blumenstand braust ein roter Lkw vorbei. Aufschrift: Winner. Auf der Linie 701, die an dieser Stelle aus der Unterwelt auftaucht, grüßen Mutter Ey, Jan Wellem, Napoleon. Hach, der Feldherr wusste auch schon, wo er hier (nicht) war: Petit Paris. Soll ihm zwar nicht in Bilk, sondern auf einem Hügel im Hofgarten in den Sinn gekommen sein, aber Düsseldorf lädt vielerorts zum Assoziieren ein, vor allem bei Sonnenschein.
Welch ein Tag! Von meinem Korb aus könnte ich alles und alle erobern, „Alles von Saturday Night Fever bis Wochenendeinkauf“ verspricht mir meterlang ein Werbebanner. Offiziell heißen sie ja seit 2014 Düsseldorf Arkaden, im Stadt-Teilchen werden sie aber immer noch Bilker Arkaden genannt. Der Eine oder die Andere rümpfen auch schon mal die Nase über die vermeintlichen Asi-Arkaden. Zu Unrecht. Sollen sie doch mal versuchen, sich an der Kö in einem Strandkorb zu fläzen. Eben!
Dabei waren sie anfangs nicht unumstritten, die Bilker Arkaden, die nicht nur als Einkaufs-, sondern als kompaktes Stadtteil-Zentrum geplant waren. Der Investor plante nämlich noch was Ähnliches in Neuss, das aber nie zustande kam. Die Kundenfrequenz war anfangs nicht so wie erwartet, woraufhin die pfiffigen Bilker Arkadier die Rolltreppen als Experiment für eine Woche so schalteten, dass die Kundschaft, einmal drin, nicht mehr auf direktem Wege raus kam, sondern Umwege laufen bzw. fahren musste. Das kam nicht gut an.
Aktuell sind Investitionen und Umbauten geplant: Drinnen mehr natürliche Materialien, Stein, Stoff, Pflanzen, ein neues Lichtkonzept, um die Aufenthaltsqualität auch in den Wintermonaten zu erhöhen. Auch draußen soll’s im nächsten Jahr schöner werden. Fürs Wetter können sie ja nix, aber fürs Flair müssen dann die Bilker und ihre Besucher auch selber sorgen. Fehlt nur noch, dass dann auch noch die verbindende Verkehrsader Friedrichstraße wieder besser pulsiert. Langsam schließt sich mein Zeitfenster. Ich fahr dann mal wieder aufs Fest-Land in Richtung Altstadt.
Noch ist er ja nicht zu Ende, dieser Super-Sommer in Arkadien. Man muss sich nur seine Inseln schaffen. Mitten in Düsseldorf. Mitten in Bilk.