Düsseldorf Düsseldorfs jüngste Terror-Chronik
Vom Anschlagsziel bis zum Rückzugsort — wie die Stadt mit islamistischem Terror konfrontiert ist.
Düsseldorf. Trotz unklaren Motivs zeigt der Anschlag in Nizza erneut, dass Attentäter mehr und mehr europäische Großstädte ins Visier nehmen. In Paris, Brüssel, Istanbul, London und Madrid schlugen Islamisten zu. Auch Düsseldorf war in den vergangenen Jahren wiederholt mit dieser Form des Terrorismus konfrontiert. Die WZ zeichnet die einzelnen Fälle — mit den aktuellsten beginnend — nach und berichtet den Stand der Dinge.
Geplanter Anschlag Düsseldorf soll selbst Anschlagsziel von Terroristen des Islamischen Staats (IS) gewesen sein. Das geht aus den Aussagen des Syrers Saleh A. hervor, der sich im Februar den französischen Behörden stellte und der zuvor in einem Flüchtlingsheim in Kaarst gelebt hatte und in der Düsseldorfer Altstadt als Dieb aufgefallen war. Im Juni ließ die Bundesanwaltschaft in diesem Zusammenhang drei weitere syrische Staatsangehörige festnehmen. Ihnen wird zudem Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen vorgeworfen. Laut Bundesanwaltschaft sollten zwei Selbstmord-Attentäter auf der Heinrich-Heine-Allee jeweils eine Sprengweste zünden. Weitere Attentäter sollten möglichst viele Passanten mit Gewehren und weiteren Sprengsätzen töten. Mit der konkreten Umsetzung des Vorhabens soll die Gruppe allerdings noch nicht begonnen haben.
Wie eine Sprecherin der Behörde der WZ sagt, befinden sich die Terrorverdächtigen aufgrund des weiterhin bestehenden „dringenden Tatverdachts“ nach wie vor in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft bemüht sich zudem um die Auslieferung von Saleh A. Der Terrorismus-Experte und stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen hatte zuletzt allerdings Zweifel an der Plausibilität der Anschlags-Pläne geäußert (die WZ berichtete).
Ermittlungen gegen Samir E. Im März durchsucht die Polizei die Bilker Wohnung von Samir E. Er soll einen der Attentäter des zuvor verübten Terroranschlags in Brüssel aus einer Auslieferungshaft in der Türkei kennen. Die Frage war nun, ob es eine weitergehende Verbindung zwischen Samir E. und dem Terroristen gab.
Um darauf eine Antwort zu finden, wertete die Staatsanwaltschaft bis zuletzt vor allem sichergestellte Datenträger aus. Jetzt heißt es von Staatsanwalt Christoph Kumpa: „Das läuft auf eine Einstellung hinaus.“ Die Verdachtsmomente hätten sich nicht weiter erhärtet. Dennoch muss Samir E. am Freitag vor Gericht erscheinen. Er hat Berufung gegen eine zweieinhalbjährige Haftstrafe eingelegt, zu der er aufgrund von Autodiebstählen und -schiebereien verurteilt worden war.
Prozess gegen Sven Lau In Wuppertal hatte Sven Lau 2014 mit der so genannten Scharia-Polizei für Aufsehen gesorgt, kurz danach zog er nach Düsseldorf und warb auch hier öffentlich für einen ultrakonservativen Islam. Er gilt als einer der bekanntsten Vertreter der Salafisten-Szene in Deutschland. Im Dezember 2015 wurde Lau festgenommen, das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Anklage des Generalbundesanwalts mittlerweile zugelassen, die Hauptverhandlung beginnt am 6. September. Lau wird verdächtigt, seit 2013 von Deutschland aus als verlängerter Arm der in Syrien aktiven Terrororganisation Jaish al-muhajirin wa-l-ansar (Jamwa) und später des IS agiert zu haben. Lau soll laut Bundesanwaltschaft Anlaufstelle für Kampf- und Ausreisewillige insbesondere aus der salafistischen Szene im Großraum Düsseldorf gewesen sein. Außerdem soll er etwa der Terrororganisation Jamwa drei Nacht-sichtgeräte besorgt haben.
Welche Rolle spielt Marcel S.? Im März 2015 macht der Spiegel öffentlich, dass der Düsseldorfer Marcel S. enge Kontakte zum mittlerweile vom US-Militär getöteten Mohammed Emwazi alias Dschihadi John gepflegt haben soll. Emwazi soll im Auftrag des IS mehrere Menschen vor laufender Kamera enthauptet haben. Auch zum ehemaligen Gangsterrapper und heutigen IS-Kämpfer Denis Cuspert („Deso Dogg“) soll der Düsseldorfer laut Spiegel gute Verbindungen gehabt haben. 2014 wurde er zu einer fünfmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, weil er im Jahr zuvor am Frankfurter Flughafen mit in die Jacke eingenähten falschen Papieren erwischt worden war.
Marcel S. gibt selbst an, sich von der Szene losgesagt zu haben. Die Polizei macht auf WZ-Anfrage keine Angaben darüber, wie glaubwürdig diese Aussage ist und ob der Staatsschutz S. beobachtet.
Düsseldorfer Zelle Vier Mitglieder hatte die terroristische Al-Kaida-Zelle, die in einer Wohnung an der Witzelstraße mit dem Bau von Bomben begonnen hatte. Das Ziel: ein Anschlag in Deutschland. 2011 wurden die Männer nach längerer Observation verhaftet, 2014 vom Oberlandesgericht in Düsseldorf zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die mit neun Jahren längste verbüßt der Marokkaner Abdeladim El-K., der die Führungsrolle in der Gruppe übernommen hatte. Er war 2010 in einem Al-Kaida-Lager ausgebildet worden und mit dem Auftrag nach Düsseldorf zurückgekehrt, einen Terroranschlag in Deutschland durchzuführen. Dort rekrutierte er dann weitere Mitglieder der Zelle.