Ermittler sezieren Kölner Tatort
Forensische Nacht der Uniklinik macht Methoden der Rechtsmedizin einem breiten Publikum zugänglich und zeigt Fehler im Krimi auf.
Eine Leiche wird aus dem Rhein gezogen. Typisch für den Kölner Tatort. Kurz darauf liegt sie in der Rechtsmedizin bei Dr. Roth. Die Ermittler Ballauf und Schenk warten auf Antworten. War das Opfer schon vorher tot oder ertrank es? Der Tatort-Mediziner ist sicher: „Seine Lunge ist voll Wasser, er hat noch gelebt.“ Ein Fehlschluss, der den realen Ermittlern aus Düsseldorf wohl kaum passiert wäre.
Zur achten Forensischen Nacht hat der Rotary Club Düsseldorf-Kaiserpfalz mit der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf am Samstagabend geladen. Der Hörsaal ist mit rund 400 Besuchern voll. Polizei-Absperrband, Kunstblut, viele reale Ermittler und ein paar Dosen Kölsch stehen bereit. Schließlich haben die „Kölner Kollegen“ 20-jähriges Dienstjubiläum.
Professorin Stefanie Ritz-Timme vergleicht den Filmausschnitt mit der Realität. „Wasser läuft bei einer Rheinleiche immer in die Lunge“, sagt die Direktorin der Düsseldorfer Rechtsmedizin. Ausschlaggebend sei vielmehr ein Zeichen, dass das Opfer unter Wasser versucht habe zu atmen. Lebte es noch, entstehe in der Lunge ein eiweißhaltiges Sekret. Mit einem Gefäß demonstriert Britta Gahr, die ebenfalls am Institut für Rechtsmedizin arbeitet, was Atembewegungen mit der Flüssigkeit machen: Schaum. Der sei auch auch nach Stunden noch zu erkennen.
Nicht die einzige Ungenauigkeit. Am Ende eines Tatorts steht die Festnahme. Der Düsseldorfer Kriminalbeamte Udo Moll zeigt Sequenzen, in denen Ballauf und Schenk eine Wohnung stürmen. „Ich war selbst bei der Mordkommission tätig, bei der Festnahme sind wir gar nicht dabei“, sagt Udo Moll. Im Tatort jedoch sei das ein Problem: Die Hauptdarsteller würden dann im spannenden Moment fehlen.
Ebenfalls unrealistisch: „Ballauf und Schenk laufen völlig ungeschützt vorne weg.“ Wie ein Einsatz tatsächlich laufen sollte, zeigt eine Polizei-Ausbilderin sowie ein ehemaliger SEK-Beamter. Andreas Fritsch arbeitet bei der Kriminaltechnischen Untersuchung in Düsseldorf. Er demonstriert, wie Schnittwunden auf den Tatgegenstand zurückgeführt werden. Jedes Messer habe mikroskopische Merkmale, die es verraten. Anhand des Tatorts „Kindstod“ zeigen die Rechtsmedizinerinnen einige Beispiel aus ihrer Praxis. „Wir obduzieren nicht nur Leichen, sondern arbeiten auch mit Lebenden“, sagt Professorin Stefanie Ritz-Timme.
Im Tatort leidet ein kleines Mädchen an Verletzungen, die auf eine Kindesmisshandlung deuten. Doch die Krimi-Ärztin untersucht das Kind unvollständig und ruft nicht die Polizei. Tatsächlich seien sich viele Ärzte bei diesem sensiblen Thema unsicher. „Unfall oder Misshandlung? Um das zu klären, braucht es ein strukturiertes Vorgehen“, sagt Ritz-Timme. Die Uniklinik habe dazu ein interdisziplinäre Versorgung mit verschiedenen Institutionen eingerichtet. Eine davon ist die Frauenberatungsstelle. Für ihr neues Projekt „Extra für Kinder“ wird der Überschuss aus der Veranstaltung gespendet.