„Flaschenpost“ in Düsseldorf: Getränke kommen gratis und in zwei Stunden
100 Kleintransporter des Unternehmens fahren 1000 Bestellungen pro Tag in Düsseldorf aus. Die Lagerhalle des Start-ups im Hafen ist 10 000 Quadratmeter groß. „Der Start hier geht durch die Decke“, sagt einer der Geschäftsführer.
Düsseldorf. So komfortabel war der Getränkeeinkauf bislang nicht in Düsseldorf möglich: Das Start-up Flaschenpost aus Münster ist nun auch in der Landeshauptstadt am Start und liefert die über die Internetseite des Unternehmens bestellten Getränke innerhalb von zwei Stunden vor die Wohnungstür, egal in welches Stockwerk. Transportkosten gibt es für die Kunden nicht, die Preise für die rund 1000 unterschiedlichen Produkte liegen laut Unternehmen auf Supermarkt-Niveau. Auch lokale Spezialitäten wie Altbier von Uerige, Schumacher und Schlüssel gibt es.
Zum Preisvergleich: Ein Kasten Beck’s mit 20 mal 0,5-Liter-Flasche kostet bei der Flaschenpost 17,90, beim Rewe-Lieferdienst 16,49 Euro. Zwölf Liter-Flaschen Coca-Cola kosten bei Rewe 11,99, beim Start-up 10,90 Euro, 0,7 Liter Jägermeister 11,49 bei der Supermarkt-Kette und 12,90 Euro beim neuen Lieferdienst. Auch Gerolsteiner Apfelschorle ist bei der Flaschenpost teurer: Ein Kasten mit zwölf Flaschen (0,75 Liter) kostet 10,90 Euro, bei Rewe 8,99 Euro. Bei Rewe kommen jedoch bis 120 Euro Warenwert Liefergebühren hinzu sowie ein Getränkezuschlag. Zudem können bei einem Mindestbestellwert von 40 Euro maximal sieben Kisten bestellt werden. Solche Einschränkungen und Zuschläge gibt es bei der Flaschenpost nicht, bis auf einen geringen Mindestbestellwert von zehn Euro. Pfandflaschen werden übrigens wieder abgeholt.
Die Frage, wie dieses Konzept wirtschaftlich sein kann, hat Christopher Huesmann, Mitglied der Geschäftsführung, schon öfter gehört. Er erklärt: Wir müssen keine Mieten für Verkaufsräume in der Innenstadt zahlen, haben auch keine Personalkosten für Verkäufer. Darüber hinaus können wir große Mengen einkaufen und sie mit einer sehr effizienten Logistik von „A“ nach „B“ transportieren.
„A“ ist in diesem Fall der Hersteller, „B“ eine Halle mit 10 000 Quadratmetern Fläche (anderthalb Fußballfelder) im Düsseldorfer Hafen mit Platz für 100 000 Getränkekisten. Von dort aus starten montags bis samstags 100 Diesel-Kleintransporter (Euro 6), um die von 9 bis 21 Uhr möglichen Bestellungen abzuwickeln. Etwa 1000 gibt es laut Unternehmen am Tag. „Der Start in Düsseldorf war sehr gut, die Bestellungen gehen durch die Decke“, sagt Huesmann.
Der Start des Unternehmens im Jahr 2014 in Münster war damals sogar so erfolgreich, dass es nach drei Monaten den Betrieb für ein Jahr einstellen musste, um eine bessere Infrastruktur auf die Beine zu stellen. Mittlerweile ist die Flaschenpost auch in Städten wie Köln und Heidelberg zu bestellen, weitere Städte folgen. „Wir wollen sehr schnell deutschlandweit in allen Städten ab 200 000 Einwohnern präsent sein.“
Grundlage für das Geschäftsmodell ist eine selbstentwickelte Software, die die optimalen Lieferwege errechnet, Bestellungen koordiniert und per Scan abrechnet. Und natürlich die Fahrer, die die Kisten ausliefern müssen. Eine besondere Herausforderung in der Großstadt sind da fehlende Parkplätze. Huesmann erklärt: „Unsere Fahrer sind angehalten, immer einen regulären Parkplatz zu suchen. Wenn die Parkplatz-Suche länger dauert, registriert das unser elektronisches System und berechnet die Zeiten für die Routen künftig anders.“ Zudem erhielten die Fahrer einen festen Stundenlohn, würden also nicht nach Anzahl der Lieferungen bezahlt. Huesmann will sich von den oft für ihre Arbeitsbedingungen kritisierten Lieferdiensten unterscheiden. „Bei uns sind alle Mitarbeiter fest angestellt und sie bekommen ihre Arbeitsgeräte wie Auto und Handy gestellt.“ Der Verdienst liege oberhalb des Mindestlohns und könne bis zu 14 Euro nach oben klettern, etwa bei unbeliebten Arbeitszeiten wie während eines Deutschland-Spiels bei der WM.
Sven Schulte, Handelsreferent bei der Industrie- und Handelskammer, spricht bei der Flaschenpost von „einer Bereicherung“. Der Erfolg erkläre sich, da das Unternehmen „das Leben einfacher macht und den Menschen etwas abnimmt, worauf sie keine Lust haben. Und das mit einem frischen und freundlichen Konzept“. Hinzu komme, dass der Lebensmittelbereich beim Online-Handel lange hinterhergehinkt habe, das ändere sich jetzt. Dennoch, „der Getränkelieferant vor Ort könnte das natürlich zu spüren bekommen“.