Glockengeläut Eine Feier für die Glocken von St. Antonius Düsseldorf-Oberkassel
Düsseldorf · Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten allein für die katholischen Kirchen 262 Glocken neu gegossen wurden. Ein historischer Rückblick auf das Geläut.
Den sieben Glocken von St. Antonius in Oberkassel wird an diesem Advent-Sonntag eine besondere Ehre erwiesen. Sie werden vor dem Festgottesdienst um 11.30 Uhr in verschiedenen Variationen erklingen. Denn auf den Tag genau vor 60 Jahren wurden sie geweiht. Ihr „kathedrales Geläute“ ist berühmt, das gibt es sonst noch am Magdeburger und Kölner Dom mit zwölf und elf Glocken. Die Predigt hält Domkapitular Guido Assmann aus Neuss.
Nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg mussten die Geläute-Anlagen in den meisten Kirchen wieder errichtet werden. An der Luegallee dauerte das recht lange, denn die durchgreifende Neugestaltung der zerbombten Türme wurde erst im November 1959 abgeschlossen. Viele Gemeinden waren da schneller. St. Bruno in Unterrath ließ sich schon 1948 vier Glocken durch den Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation gießen. Vom Klang her war das eher eine Notlösung.
Heute dürfte ein Geläut wie in Unterrath von keinem Glockensachverständigen mehr abgenommen werden. Besser klang offenbar schon der Gussstahl in St. Franziskus Xaverius. Bronze war auf alle Fälle besser. Deshalb rühmte der inzwischen verstorbene Musikdirektor Jakob Schaeben die neuen Glocken der Andreaskirche. Der sehr kritische Mann spendete der Gemeinde zur „überragenden Leistung“ einen herzlichen Glückwunsch.
Es macht Spaß, im Glockenbuch Düsseldorf des Erzbistums Köln zu blättern. Auf 375 Seiten entgeht den Sachverständigen kein einziger Ton. Die Nachkriegsmodelle in Gussstahl werden kritisch bis gnädig bedacht. „Es wäre unsinnig“, so Jakob Schaeben, von der Stahlglocke dieselbe „Vibrationskapazität“ wie von einer in Bronze zu verlangen. Immerhin bekommt die Pauluskirche ein Lob, während St. Antonius Hassels geradezu abgekanzelt wird, weil man eine alte Bronze mit einem neuen Gussstahl kombinierte.
Manchmal vermelden die strengen Prüfer „Regiefehler“ wie an der Angermunder Agnes-Kirche von 1955. Da wurden die neuen Glocken nicht in leichter, sondern mittelschwerer Rippe gegossen, so dass sie rund 350 Kilogramm schwerer wurden als veranschlagt. Zum Glück gab es keine statischen Bedenken. Und auch das Geläut war besser als gedacht. Schaeben nennt es „eines der schönsten im weitesten Umkreis“.
Über St. Antonius Hassels hingegen geht ein Donnerwetter los. 1955 wurden eine alte Glocke aus Bronze und eine neue aus Gusstahl kombiniert. Die alte Bronze sei „sehr schlecht“, die neue von „mangelnder Singfreudigkeit, scharfem, schreiendem Ansingen und insgesamt einer schlechten Legierung und einem nachlässigen Guss“. Ein ähnlich vernichtendes Urteil gilt St. Reinold in Vennhausen. Mit „peinlicher Deutlichkeit würden sich die materialeigenen Mängel der Stahlglocken zeigen. Die Klangauslösung sei „außergewöhnlich hart, scharf und lärmend, die Klangentfaltung rau und wenig edel.“
Nicht alle Glocken wurden vor dem Krieg eingeschmolzen. Die drei Bronzeglocken aus dem Jahr 1911 in St. Gertrud, Eller, werden mit dem Domgeläut zu Köln verglichen. Das „äußerst denkmalwerte Geläute“ von St. Suitbertus in Kaiserswerth besitzt gar eine „Ausnahmestellung“.
Nun werden die Glocken, die den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden, keineswegs von der Erzdiözese finanziert, sondern in der Regel von denen, die man früher „Pfarrkinder“ nannte. Dabei fallen die Spender einer Glocke auf, die dem Ministerpräsidenten Karl Arnold gewidmet ist. Auf der Karl-Borromäus-Glocke der Antonius-Kirche in Oberkassel heißt es, Arnold sei ein „unentwegter Verteidiger göttlichen und menschlichen Rechtes“ gewesen.
Insgesamt hat allein die katholische Kirche in Düsseldorf 300 Glocken, darunter 263 in Bronze und 29 in Stahl. Immerhin gibt es noch 31 Denkmalglocken aus dem 15. bis 19. Jahrhundert. Die evangelische Kirche listet ihre Glocken leider nicht auf. Hier stellt die Johanneskirche mit fünf Glocken das größte Geläut aller evangelischen Kirchen in Düsseldorf.