Heroische Klänge für George Soros
Adam Fischer und die Symphoniker gaben Beethovens „Eroica“ bei der Verleihung des Menschenrechtspreises in der Tonhalle.
Ludwig van Beethoven war wählerisch bei Findung des Widmungsträgers seiner Dritten Symphonie. Zuerst wollte er sie Napoleon Bonaparte zueignen. Als dieser sich 1804 selbst die französische Krone aufsetzte, tilgte Beethoven die Widmung wieder. Er benannte sie stattdessen nach einem fiktiven revolutionären Heroen. Seitdem trägt das Werk den Titel „Eroica“. Dieses Opus stand nun nicht zufällig auf dem Programm der Düsseldorfer Symphoniker. Chefdirigent Adam Fischer gestaltete mit der Symphonie sein drittes Menschenrechtskonzert in der Tonhalle.
Der aus Ungarn stammende und in den USA lebende Milliardär und Investment-Banker George Soros ist nun der Geehrte. Wie alle anderen Erkorenen auch, wählte Dirigent Adam Fischer, selbst Ungar, den Preisträger höchst persönlich aus. Soros setzt sich seit Jahrzehnten für die Förderung der Menschenrechte, der Redefreiheit und der Bildung in der Welt ein. Den Großteil seines Vermögens — 18 Milliarden Dollar — spendete er der Open Society Foundations, benannt nach dem Begriff der „Offenen Gesellschaft“, den der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Karl Raimund Popper prägte.
Soros konnte die Auszeichnung nicht persönlich in Empfang nehmen. Stellvertretend nahm ihn der US-amerikanische Dirigent Leon Botstein entgegen. Botstein ist Mitglied im Stiftungsrat der Open Society Foundations. Soros meldete sich wiederum per Videobotschaft zu Wort: „Die Prinzipien der offenen Gesellschaft werden in vielen Teilen der Welt angegriffen: in den Vereinigten Staaten, in der Türkei, in Myanmar und sogar in Europa, in Ungarn, und anderswo“, sagte Soros in seiner Rede, die auf der Leinwand in der Tonhalle übertragen wurde. Er wolle das Preisgeld von 10 000 Euro, das der Freundeskreis der Tonhalle stiftete, einer Organisation spenden, die in Ungarn wichtige Arbeit leiste.
Adam Fischer verglich Soros in seiner Laudatio mit dem Komponisten Giuseppe Verdi, der mit dem Palazzo „Casa Verdi“ ein Altenheim für Musiker gründete und dem Haus seine sämtlichen Urheberrechte vererbte. Menschen zu helfen sei auch das, was Soros antreibe. Fischer ging auch auf die Kritik an Soros ein. Er sei ein durchaus umstrittener Mann: „Durch Börsengeschäfte ist er märchenhaft reich geworden.“ Es gebe nicht wenige Kritiker, die seine Rolle als Spekulant moralisch bedenklich finden. „Jedoch tut er mit seinem Geld viel Gutes.“
Sowohl Fischer als aus Soros haben ihre Heimat Ungarn verlassen. Auf diese Gemeinsamkeit geht Fischer ein: „Wir waren genau das, was heute abwertend als ‚Wirtschaftsflüchtling’ bezeichnet wird, als wäre es ein Verbrechen, einfach nur ein besseres Leben führen zu wollen.“
Es gab viel Applaus für alle Reden, wenn Fischers Entscheidung für Soros auch in Düsseldorfer Kreisen kontrovers diskutiert wurde. Darum rührte sich auch nicht ausnahmslos jede Hand. Vollkommen war die Begeisterung aber für die Darbietung der Beethoven-Symphonie. Unter Fischers Leitung liefen die Düsseldorfer Symphoniker einmal mehr zur Hochform auf. Bereits der Kopfsatz gelang mitreißend feurig. Die starken Akzente und das straffende Tempo wirkten aber keineswegs forciert, sondern sehr natürlich.
Die Interpretation wirkte jung und frisch und hob sich ab von manch anderen Aufführungen, die zuweilen etwas Pastoses und Antiquiertes an sich haben oder in einem Anfall von Ambitioniertheit übereilt über die Partitur hinweg fegen.
Fischer brachte die gesamte Partitur zum Leuchten, aber nicht betulich wie unter der Tropfkerze, sondern wie bei frühlingshaftem Tageslicht auf einer grünen Wiese. Im langsamen Trauermarsch zeigten Fischer und das Orchester Mut zum Pathos, ohne ins Sentimentale abzugleiten. Witzig und nah an Beethovens Lehrer Haydn bewegen sich Scherzo und Finale. Den musikalischen Humor kitzelte Fischer in seiner manchmal etwas schalkhaften Art amüsant heraus. Selten war die „Eroica“, an der so viele Dirigenten und Orchester scheitern, in der Tonhalle so faszinierend zu hören.