Ausstellung im Keramik-Museum Zu Tisch — wie einst die Bürger speisten
Düsseldorf · Opulente Einladungen mit dem Auftischen prächtiger Speisen auf edlem Geschirr waren über Jahrhunderte dem Adel vorbehalten. Das Bürgertum blieb allenfalls Zaungast höfischer Feste. Mit steigendem Wohlstand wuchs jedoch in diesen Kreisen das Bedürfnis, den gesellschaftlichen Aufstieg mit ebenso mondänen Feierlichkeiten zur Schau zu stellen wie die adligen Vorbilder.
Von der bürgerlichen Esskultur im 18. Jahrhundert erzählt die Ausstellung „Tafelzauber“ im Hetjens-Museum. „Wer es durch Reichtum nach oben geschafft hatte, was schwer genug war, musste sich im Kodex des Adels bewegen, um anerkannt zu werden“, sagt Christina Kallieris, eine der beiden Kuratorinnen. Mit Pauline Guimaraes vom Kunsthistorischen Institut der Heinrich-Heine-Universität stellte sie die Exponate zusammen, die bis zum 28. Januar in drei Räumlichkeiten des Untergeschosses zu sehen sind.
Wie aber machte sich das Bürgertum die höfischen Sitten zu eigen? Bei sogenannten öffentlichen Tafeln gab es die Gelegenheit, von der Empore in Festsälen die üppigen Arrangements und die servierten Speisen zu verfolgen.
„Dennoch brauchten die aufstrebenden Kavaliere, begierig darauf, ihre feinen Haushalte zu repräsentieren, Benimmregeln für den Umgang mit dem Geschirr“, erklärt Christina Kallieris. Unterstützung bekamen sie um 1750 durch die „Hausväter-Literatur“ von Julius Bernhard von Rohr. Seine Anleitungen halfen dabei, Stolpersteine zu vermeiden und den schönen Schein zu wahren.
Der Kupferstich eines Hochzeitsbanketts von 1719 zeigt, wie aufwendig in Dresdens Türkischem Palais gefeiert wurde. Auf jeden Gast kam mindestens ein Diener. Der Kolonialismus stand in voller Blüte, daher waren „Mohrendiener“ sehr begehrt. Die Kuratorin erinnert an die damaligen Gepflogenheiten: „Alle begehrlichen Güter wie Zucker, Tee, Seide und Porzellan kamen aus Übersee. Sie mussten über riesige Entfernungen herangeschafft werden. Für den Transport sorgten allein die Bürger, was ihnen eine gewisse Machtposition garantierte.“
Adel und Bürgertum lieferten sich ein Wechselspiel. Auf einer Abbildung demonstriert der Kölner Erzbischof und Kurfürst Clemens August, gekleidet in einen Hausmantel, seine Stellung mit einer halb intimen, halb gönnerhaften Pose. Doch was wäre ein Herrscher ohne Untertanen, die ihn bewundern?
Am Beispiel wohlhabender Familien wird die aufblühende Esskultur verdeutlicht. Auf einem Ölgemälde von Johann Heinrich Tischbein ist zu sehen, dass im Haus des Hamburger Weinhändlers Timmermann alles perfekt stimmt. Der Vater weiß die Tasse gekonnt zu balancieren, man sitzt auf Fauteuils, wie sie zuvor nur der Adel kannte, ist umhüllt von Seide und Spitze.
Die Hauptrolle in „Tafelzauber“ spielt jedoch das liebevoll dekorierte Geschirr. Blau-weiße Wanli-Teller aus China, Japan, den Niederlanden und Deutschland werden vor einer Chinoiserie-Tapete inszeniert. Doppelwappen, wie sie bei Heirat oder Zuwachs von Ländereien gefertigt wurden, bezeugen die Bedeutung dieser Statussymbole auch für Bürgerliche.
In Vitrinen lagern Scherben mit Düsseldorf-Bezug: Bruchstücke von Fayencen, die man 2010 und 2012 bei Ausgrabungen am Andreas-Quartier und Kö-Bogen fand. Durch diese und andere Fundorte lässt sich stimmig rekonstruieren, was damals in gutbürgerlichen Haushalten auf den Tischen stand. Dazu gehören auch eine ovale Anbietplatte für Fleisch und Buckelschalen mit gewelltem Rand.
Der Handel mit China beeinflusste wesentlich die exquisite Tischkultur im 18. Jahrhundert. Zwar deckte man bevorzugt noch mit Silbergeschirr ein, verwendete fürs Dessert aber stets Porzellan.
„Schaugerichte“ von
Heinrich Carl von Schimmelmann
Es war pflegeleichter, zeichnete sich durch filigrane Eleganz aus und war derart begehrt, dass es kunstvoll nachgeahmt wurde, sogar vom rustikalen Westerwälder Steinzeug. Anhand von Biografien und Objekten lässt sich festmachen, was damals gespeist wurde.
Spannend ist die Geschichte von Johann Caspar Schauer, dessen Initialen eine Enghalskanne zieren. Der Chemiker und Destillator brachte es zu immensem Wohlstand. Aus kostspieligen exotischen Zutaten stellte er den Schaur’schen Wund- und Heilbalsam her: Myrrhe, Weihrauch, Mastix-Harz von der griechischen Insel Chios. Gewürze wie Muskat, Anis, Fenchel und Kardamom hätten sich bestimmt auf seiner Tafel befunden, sagt Kallieris. Abbildungen zeigen seinen herrlichen Garten bei Augsburg: mit fünf Fontänen, Spalieren voller Früchte und exotischen Vögeln.
Sehenswert sind auch die appetitlich drapierten „Schaugerichte“ von Heinrich Carl von Schimmelmann, der im Preußischen Kriegswesen eine steile Karriere machte und vom dänischen König in den Adelsstand erhoben wurde.
Fisch, Ente und Lamm wurden jeweils in einer eigens gestalteten Terrine serviert. Dazu eine Schale mit täuschend echten Walnüssen aus glasierter Keramik, ein hübscher Augentäuscher.
Info Die Sonderausstellung „Tafelzauber“ ist bis 28 Januar kommenden Jahres im Keramik-Museum Hetjens zu sehen. www.duesseldorf.de/hetjens