Stad:Kollektiv des Schauspielhauses bringt „Romeo und Julia“ Romeo und Julia – schmerzlich und ermutigend

Düsseldorf · Im Stück „Romeo und Julia“ am Schauspielhaus spielen auch jüdische und palästinensische Darsteller.

Proben zur Düsseldorfer Inszenierung von „Romeo und Julia“ in der Regie von Bassam Ghazi.

Foto: Thomas Rabsch

(go) Auf der Bühne des Kleinen Hauses stapeln sich die Requisiten für „Romeo und Julia“. Historische Kostüme, ein Pferd aus Pappmaché, ein Sarg. Dazwischen ragt eine schlichte Brüstung aus Holz heraus. „Das ist Julias Balkon“, erläutert Regisseur Bassam Ghazi, „er bleibt unten auf dem Boden stehen. Ich habe ihn auch bewusst verkleinert. Ansonsten aber ist unsere Szenerie reichhaltig und flexibel.“

Birgit Lengers und Bassam Ghazi leiten seit drei Jahren das Stadtkollektiv des Schauspielhauses. Nach Themen wie Migration oder dem Brandanschlag in Solingen suchte man nun nach einem Klassiker. „Natürlich hatten wir nie die Absicht, die Shakespeare-Tragödie mit 15 Menschen aus der Stadt eins zu eins umzusetzen“, sagt der Regisseur: „Unsere Version sollte mit den Perspektiven der Akteure belebt werden.“

Das Interesse war riesig, mehr als 270 Anmeldungen galt es zu sichten. Bei dreitägigen Workshops formten Lengers und Ghazi das Ensemble. Und wieder spürte der Regisseur, dem es immer auch um die Abbildung einer vielfältigen Gesellschaft geht, biografische Besonderheiten auf: „Wir haben persönliche Geschichten gesammelt, um sie miteinander zu teilen. Dadurch entstand eine große Menge an Material, mal schmerzlich, mal ermutigend.“

Etwas Neues auszuprobieren, „etwas, das man von mir in Düsseldorf nicht erwartet“ – darauf hatte er Lust. Die Arbeit an „Romeo und Julia“ sei ein Geschenk gewesen. Auch beim Ensemble war die Spielfreude groß: „Es gibt viele Bezugspunkte zu diesem leicht zugänglichen Klassiker, mit Liebe verbindet jeder etwas“, sagt der Regisseur.

Es wäre jedoch nicht das Stadtkollektiv, wenn sich darin die Motive zu diesem Projekt erschöpften. Ghazi verweist auf die Parallelen zwischen den verfeindeten Familien Capulet und Montague und unserer Zeit: „Wir sehen die Spaltung der Gesellschaft, erleben Kriege in der Welt und müssen uns fragen, wann es denn wieder einmal Frieden geben wird.“ Lengers erwähnt die Wichtigkeit der toten Kinder, die in der Inszenierung vorkommen: „Ist eine Versöhnung über den Gräbern überhaupt möglich?“

Im Ensemble sind jüdische und palästinensische Mitwirkende vertreten. Eine Spielerin kennt jemanden, der beim Massaker der Hamas erschossen wurde und wird davon erzählen. Man habe, betont Lengers, kein politisches Diskursstück angestrebt, wohl aber sollten durch eigene Erfahrung beglaubigte Geschichten einfließen. Der Regisseur verstehe es, einen geschützten Raum zu schaffen, in dem sich jeder aufgehoben fühle. „Bei den Proben wurde viel und emotional diskutiert“, bestätigt Ghazi. „Wir haben einen guten und achtsamen Umgang miteinander gefunden.“

In seiner Inszenierung gibt es mehrere Julias und Romeos, alle anderen Rollen sind fest besetzt. Warum dieser Kunstgriff? „Diese Vervielfältigung ist ein Gewinn“, antwortet Ghazi: „So können verschiedenen Facetten der Protagonisten aufleuchten. Bei der Balkonszene wird die Choreografie noch schillernder.“

Nach der Premiere an diesem Freitag wird das Stück mehrmals auf dem Spielplan stehen, alle Vorstellungen sind fast ausverkauft. „Es empfiehlt sich, ein bisschen früher ins Theater zu kommen“, sagt Ghazi, „das Ensemble beginnt schon auf dem Vorplatz und im Foyer mit Miniaturen und kleinen Szenerien.“

Die Premiere am Freitag, 20 Uhr, Kleines Haus. Auch am 15. und 21. September und 2. und 12. Oktober. Mehr auf: