Pemiere im Schauspielhaus: Claudia Hübbecker singt Max Frisch

„Alles renkt sich wieder ein“: Musikalisch-literarischer Abend im Kleinen Haus.

Düsseldorf. Beinahe entsetzt guckt Claudia Hübbecker über den Tisch. Stress? Wie könne man diese Arbeit nur als Stress bezeichnen? Am heutigen Donnerstagabend steht sie auf der Bühne des Kleinen Hauses. Nicht als Königin Elisabeth aus Richard III. Nicht als Anitra aus Peer Gynt. An diesem Abend braucht sie kein Kostüm, spielt keine Rolle. Sie singt und liest, nicht als Figur, nur als sie selbst. „Stressen können ja nur Dinge, die man nicht mag“, sagt die gebürtige Hamburgerin.

„Alles renkt sich wieder ein“ lautet der Titel des musikalisch-literarischen Abends, der ein schöner Ausgleich zur klassischen Theaterbühne sei. Auf die Zuschauer kommt ein Lieder-Reigen zu, gespickt mit Texten aus den Tagebüchern von Max Frisch. „Das Skizzenhafte der beiden Elemente ergänzt sich ganz gut“, findet sie.

„Es ist unheimlich motivierend, wenn man Dinge tut, die einem behagen und somit auch beflügeln.“ Dafür nimmt sie in Kauf, zwischen dem eng getakteten Alltagsgeschäft auch noch für ihr eigenes Programm zu proben. Planbar ist das nicht. Immer zwischendurch, wenn eine Lücke entsteht, feilt sie an den Texten und probt mit Klaus-Lothar Peters, der sie am Klavier begleitet, die Lieder.

„Die Idee zu dem Projekt ist über die Jahre gereift. Seit einiger Zeit schon bearbeiten wir gemeinsam Chansons“, erzählt Hübbecker, die nie ins Plappern gerät. Immer wirkt es, als würde sie genau abwägen, was sie sagt — ohne dabei verkrampft zu wirken. Oder zu verschlossen.

Hübbecker ist eine Frau, die Wert aufs Detail legt. Jede ihrer Rollen, die sie spielt, wird etwa mit einem eigenen Parfüm versehen. Fürs Gespür. Eine Perfektionistin. „Ja, das könnte man so sagen. Aber das klingt so negativ und verbissen“, sagt Hübbecker. Das habe auch was mit der Liebe zum Beruf zu tun. „Ich will abliefern. Schließlich macht man das alles für Leute, die ihre Zeit und ihr Geld dafür geben. Allein das fordert einen Schauspieler.“

Dass ihr Beruf nicht dafür gemacht ist, Wurzeln zu schlagen, hat sie schnell gemerkt. „Besonders der Weggang von Berlin damals war besonders schwer“, erinnert sie sich. Ihr engster Freundeskreis ist noch immer dort. Aber auch in Düsseldorf hat sie sich mittlerweile eingelebt. „Man ist so schnell am Rhein. Und die Mentalität der Düsseldorfer ist so freundlich. Es ist angenehm, dass die Leute einem hier so entgegenkommen.“

Wer ständig mit der Gewissheit lebt, im kommenden Herbst möglicherweise das Ensemble zu wechseln, kennt auch die Auswirkungen auf das Privatleben. Und die Liebe. Sie ist auch das zentrale Element ihres aktuellen Projektes. „Die Liebe ist nun mal eines der elementaren Themen in unserem Leben. Damit ringt man meistens“, sagt Hübbecker. Angst davor, in die Klischeefalle zu tappen, hat sie nicht. „Max Frisch ist so gnadenlos ehrlich, damit sind schon alle Klischees beseitigt.“ Feiner Humor statt Pointenjagd im Feld der Beziehungsstereotypen.

Während die Schauspielerin erzählt, blättert sie in ihrem Notizbuch. „So eines habe ich für jedes Stück“, sagt sie. Mittlerweile füllen sie eine beachtliche Zahl von Kisten in ihrer Wohnung. „Ich schreibe mir darin Zitate auf, die mir gut gefallen, eigene Gedanken dazu und Anmerkungen des Regisseurs während der Proben.“ Sie streicht mit dem Finger über die Seiten, bleibt an einem Zitat von Max Frisch hängen und liest: „Ich glaube an die Gewalt der Liebe und der Untreue.“