Düsseldorf Mehr Geld-Unterricht für Schüler
Studien zufolge haben Jugendliche zu wenig Ahnung von Finanzen. Das gilt als Hauptgrund für frühe Verschuldung.
Düsseldorf. Hamta (14) hält nichts von Taschengeld. Ob es nur die Scham ist, keines zu bekommen, lässt sie nicht durchblicken. „Wenn ich was brauche, dann geben mir meine Eltern das“, sagt sie möglichst selbstbewusst. Haushalten muss sie demnach nicht. Dabei ist es genau das Planen von Ausgaben, das Jugendliche wie Hamta frühzeitig lernen sollten: Rund die Hälfte aller Schüler ab 14 Jahren hat schlechte Wirtschafts- und Finanzkenntnisse, wie eine Studie des Bankenverbands zeigt. Und fehlende Finanzkompetenz wird noch immer als Hauptgrund für die steigende Jugendverschuldung genannt — und diese steigt seit Jahren, wie die Ergebnisse einer Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Inkassounternehmen.
Für Verbraucherschützer ist die Finanzbildung noch nicht ausreichend in den Lehrplänen verankert. Auch Banken und Versicherungen sehen eine Lücke im Lehrplan und wollen sie füllen: Die Allianz hat mit zwei Partnerunternehmen die Initiative „My Finance Coach“ ins Leben gerufen, die Jugendliche für den „verantwortungsbewussten Umgang mit Geld sensibilisieren“ soll. An der Hauptschule Bernburger Straße findet das Programm seit 2012 Anwendung: Themen wie Haushaltsplanung, Kaufen, Sparen und Planen werden im Rahmen des Faches Wirtschaftslehre und darüber hinaus bearbeitet. Schulleiter Klaus Peter Vogel legt Wert darauf, dass seine Schüler „möglichst nah an der Realität und für sie nachvollziehbar“ mit den Themen konfrontiert werden. „In der siebten Klasse wird beispielsweise das Szenario aufgebaut, ein Mofa zu kaufen. Auf welche Werbung sollte man nicht hereinfallen, wo lauern Fallen, was steht in einem Kaufvertrag? All das wird gemeinsam mit den Schülern durchgesprochen“, sagt Vogel.
An der Hauptschule werde in der siebten Klasse damit begonnen, die Schüler mit dem Umgang mit Geld vertraut zu machen — kein einfaches Unterfangen, wie Vogel findet. „Wir setzen kein Vorwissen voraus und beginnen auf einem recht niedrigen Niveau“, sagt er. Nicht zuletzt auch deshalb, weil viele seiner Schüler bis dato keinerlei Erfahrungen mit Taschengeld haben. „Viele unserer Schüler leben in Haushalten aus dem unteren Einkommenssegment, in der von der Hand in den Mund gelebt wird“, sagt er. „Mit dem Haushalten und dem verantwortungsvollen Planen von Ausgaben haben die Schüler daher kaum etwas am Hut.“
Vielmehr stellt Vogel fest, dass leere Pfandflaschen achtlos auf dem Schulhof stehen gelassen oder in den Mülleimer geworfen werden. „Ich weiß nicht, ob sie es machen, um sich anderen Schülern gegenüber überheblich zu geben oder sie das Geld wirklich nicht wertschätzen.“
Auch die Verbraucherzentrale bietet Schulen und Jugendeinrichtungen Trainingseinheiten zur Stärkung der Finanzkompetenz an, um frühzeitig einer Verschuldung gegenzusteuern. „Ziel ist es, zu lernen, welche Tragweite die eigenen wirtschaftlichen Entscheidungen haben, wie zum Beispiel der Handyvertrag mit 24-monatiger Laufzeit oder eine Kreditkarte“, sagt Sylvia Groh von der Verbraucherzentrale NRW mit Sitz in Düsseldorf.
Auch das Schulministerium NRW sieht mittlerweile die Vermittlung von Alltagkompetenzen als eine schulische Aufgabe an. Deshalb sollen nach den Sommerferien an Grund- und weiterführenden Schulen Themen wie Finanzen, Verbraucherrecht, Ernährung und Gesundheit, Medien und Information verbindlich in die Kernlehrpläne integriert werden.
Das Marie-Curie-Gymnasium hat als Modellschule in Sachen Verbraucherbildung schon erste Erfahrungen mit den Vorgaben des Ministeriums gemacht: Bereits in Klasse fünf beschäftigen sich die Schüler mit dem Thema Taschengeld, stellen über mehrere Wochen einen persönlichen Finanzplan auf. „Es ist das erste Mal, dass Schüler ihren Konsum kritisch hinterfragen“, sagt Lehrer Daniel Valente. In der siebten Klasse stellen die Schüler schließlich einen Haushaltsplan für die Familie auf und erkennen, dass vom Netto-Einkommen der Eltern — erscheint es auch noch so hoch — nach Abzug aller Fixkosten wenig übrig bleibt. Für die „vorbildliche Umsetzung von Verbraucherbildung“ wurde das Marie-Curie-Gymnasium im Januar als „Verbraucherschule Gold“ ausgezeichnet. Ins Leben gerufen und vergeben wird die bundesweite Auszeichnung vom Verbraucherzentrale Bundesverband.