Düsseldorf NRW-Forum: Bling-Bling und Reflexion
Erstmals wird in Düsseldorf „Gute Aussichten“ mit Portfolios junger deutscher Fotografen gezeigt. Im Kontrastprogramm kommt auch Talmi-Glanz in den Ehrenhof.
Düsseldorf. Mit einer Minimalbesetzung sorgt Alain Bieber im NRW-Forum für Tempo in der Ausstellungsfolge. Zur Cyborg-Messe pilgerten kürzlich Jung und Alt scharenweise in den Ehrenhof. Diesmal hofft er auf Besucher, die sich für Fashion, Glitzer & Glamour interessieren. Zugleich gibt er auch dem Nachwuchs eine Plattform, indem er die erfolgreiche Jahresausstellung „Gute Aussichten“ erstmals ins Haus holt. Mit „Bling Bling Baby“ frei nach einem Song von B.G. riskiert er allerdings eine nicht ganz ernstzunehmende Schau aus Kitsch und Kunst.
Die Kuratorin Nadine Barth schreckt vor keinem Glitzerglanz zurück. Eine Panoramatapete im Eingang soll die Sehnsucht nach dem Schönen wachrufen. Brennende Trockenblumen erhalten den Untertitel „Ärgere dich nicht, es ist nicht real“. Zwei Füße mit weißen Nike-Strümpfen und Jesus-Latschen stehen auf modischen Rollatoren im blauroten Nirgendwo. Kussmünder mit roter Riesenkirsche zwischen den aufgeblasenen Lippen versuchen, die Pop-Kultur in der Gegenwart unterzubringen. „Bling ist Oberfläche, Zuckersüße, Künstlichkeit, Fashion Glam und Candy Pop“, sagt Barth. Jeff Koons ist für sie „Bling“. Die glitzernde Figur vom Kunstmarkt wird von Martin Schoeller kreideweiß geschminkt und mit einem Kunstblumenkranz dekoriert. Schön ist, was schmuck wirkt.
Da ist die Schau des Nachwuchses interessanter. Stefan Becht und Josefine Raab lassen sich von Professoren aller 45 Akademien und Fotohochschulen Mappenwerke einsenden. Über hundert Meisterschüler machen mit, wobei eine Jury die Spreu von Weizen trennt.
„Ein verwirrendes Potenzial“ nennt die Hamburgerin Julia Steinigeweg ihre Schau. Ihr Thema sind Menschen, die mit Puppen als gleichberechtigten Partnern zusammenleben. Fotos zeigen den Mann als Puppe, den die Frau in bizarrer Weise umarmt. Was für ein Schicksal mag hinter einer „Mutter“ stecken, die eine Babypuppe so liebevoll an die Brust drückt?
Miia Autio hat in Bielefeld studiert und ist nach Tansania gefahren, um Albinos zu fotografieren. In Europa fallen Menschen mit fehlender Pigmentbildung nicht auf, wohl aber in Afrika.
Kinder mit Albinismus leiden dort nicht nur unter der Sonne, sondern auch unter den Vorurteilen von Menschen, die Jagd auf sie machen. Miia Autio aber zeigt ihre Aufnahmen im Umkehrverfahren.
So sehen wir Schwarze, die in Wirklichkeit im Land der Schwarzen weiß sind. Mehr noch: Die Negative geben den Personen keine schwarze, sondern eine graue Hautfarbe. So meint der Betrachter, er sehe Steinfiguren aus ferner Vorzeit vor sich.
Andreas Hopfgarten aus Hamburg sucht nach der verlorenen Erinnerung seiner Familie an die Nazizeit. Sehr subtil geht er vor, findet ein Telegramm nach der Bombardierung, lässt die Brille der Großmutter sprechen und sieht im deutschen Wald nicht nur die Weihnachtsidylle, sondern auch den Wald der deutschen Volksseele im Dritten Reich.