Skurriler Kunst-Streit vor dem Landgericht um ein „Urinal“

Agentur des verstorbenen Künstlers Marcel Duchamp verklagt den Grupello Verlag. Das Ur-Werk gilt als Meilenstein der Modernen Kunst.

Foto: Gruppello-Verlag

Als Marcel Duchamp vor genau 100 Jahren ein Urinal auf die Seite legte, es mit dem Künstlernamen „R.Mutt“ und der Jahreszahl 2017 signierte, war er sich der Tragweite seines Tuns möglicherweise nicht bewusst. Mit seiner Idee, das Werk „Fountain“ in einer New Yorker Ausstellung unterzubringen, scheiterte er. Sein Galerist soll das Kunst-Klo später einfach entsorgt haben. Damit allerdings begann eine Diskussion darüber, was Kunst eigentlich ist. Die ist heute noch lange nicht beendet, dafür gilt „Fountain“ als Meilenstein der Modernen Kunst. Seit gestern muss das Landgericht die Brücke zwischen künstlerischer Freiheit und Paragrafen schlagen. Denn Bruno Kehrein, Chef des Düsseldorfer Grupello-Verlages, soll 1334,72 Euro zahlen, weil er ein verfremdetes Foto des Kunst-Klos für ein Buch benutzt hat.

Und das kam so: „Mythos Kunst“ heißt das Werk, das vor drei Jahren erschienen ist. Thematisiert wird im Prinzip die Frage, die Duchamp vor 100 Jahren gestellt hat: Was ist Kunst und wer ist Künstler?

Auf dem Titelbild ist ein liegendes Klo zu sehen, das allerdings verfremdet und spiegelverkehrt ist. Kehrein: „Das ist ein Foto von einem Ölbild, das Miguel Guillermos gemalt hat.“ Hinter dem Namen verbirgt sich Michael Driesch, der auch Herausgeber des Buches ist: „Ich habe ihm damals noch gesagt, lass uns einen Zug durch die Altstadt machen und irgendwo ein Klo fotografieren.“ Aber Driesch wollte eben die Hommage an Duchamp.

Die Agentur, die den schon lange verstorbenen Künstler vertritt, sieht Urheberrechte verletzt. Auch nach der Verfremdung sei das „ursprüngliche Werk“ immer noch erkennbar. Das Problem: „Fountain“ selbst existiert lange nicht mehr, lediglich durch ein Foto ist die Arbeit überliefert.

Das Amtsgericht muss nun darüber entscheiden, ob durch ein Ölbild die Urheberrechte verletzt werden können. Und ob das 1313 Euro rechtfertigt, die von der Verwertungsgesellschaft Bild gefordert werden. Bis zum 30. November soll eine Entscheidung gefallen sein.