Thomas Frank über die Aldi-Designshow Star-Designer Steffen Schraut bei Aldi - Die Demokratisierung von Kunst und Mode

Mit der Mode-Kollektion von Steffen Schraut setzt der Konzern eine altbewährte Strategie fort: die Demokratisierung und Kommerzialisierung von Kunst und Mode.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Von Kunst ist nichts mehr zu sehen in der Haupthalle der Sammlung Philara in Flingern. Alle Skulpturen wurden weggeräumt. Stattdessen Stehtische, Sitzecken, eine rund 20 Meter lange Bar und im Zentrum ein Walk-in-closet, also ein begehbarer Kleiderschrank. Alles in Betonoptik. An den Wänden wird Farbe ins Spiel gebracht: Mit Blumeninstallationen und einem großen Foto von einem Model-Paar: Junge Dame in rotem Kleid und weißen Sneakers, junger Herr in blauem Hemd, grauen Jeans. Hinter den beiden posiert Star-Designer Steffen Schraut in Jeans und T-Shirt. Ganz in blau. Links oben prangt das Logo von Aldi Süd , allerdings umgestaltet in schwarz. Im Blitzlichtgewitter tummeln sich Privat-TV-Moderatoren, Models und Influencerinnen.

Die Bühne ist bereitet für die Mode-Show von Steffen Schraut für die Discounter-Kette. Zwei Catwalk-Performances werden inszeniert, zur Choreografie gehören junge Männer, die mit blankem Oberkörper und Jeans posieren und von Damen in Einkaufswägen umrundet werden, in denen die verpackten „Textil-Kunstwerke“ von Schraut lagern. Ja, Kunst. Denn der Designer betrachtet Mode als Kunst. Ein Ansatz, der inzwischen auch von Kunsthistorikern anerkannt wird, spätestens seit die Mode-Kollektionen von Karl Lagerfeld oder Jil Sander in Kunst-Museen landeten.

Schraut selbst hat seine Privatwohnung mit Gemälden und Grafiken (etwa von Pop Art-Künstler Tom Wesselmann) bestückt und lässt sich auf Kunstmessen für seine Mode inspirieren. Vor allem die US-amerikanische Kunst und Kultur hat es ihm angetan: der lässige Lifestyle seiner Lieblingsstadt New York genauso aber auch das Ideal der Pop Art: Kunst für alle! Schraut macht aus dieser Losung: Mode für alle! Lässig, elegant und bezahlbar, so lautet seine Devise.

Und auch Aldi setzt seit gut 50 Jahren auf eine Demokratisierung von Kunst und Mode. 1970 kreierte der Künstler Günter Fruhtrunk die Plastiktüten von Aldi Nord, 2003 holte der Discounter 20 000 signierte Grafiken des Beuys-Schülers Felix Droese ins Sortiment. Mit den Kollektionen von Pop-Star Anastacia und Jette Joop wurde dann auch „Cheap Fashion“ mit Glamourfaktor salonfähig. Natürlich steckt hinter der „Star-Mode für alle“-Aktion auch ein gewitzter Werbeschachzug, mit dem der Discounter, aber auch Schraut populärer werden und Geld verdienen wollen.

Die Kunstsammlung Philara in Flingern hat das Unternehmen ausgewählt, weil es eine außergewöhnliche „Event-Location“ in einem „coolen“ Stadtteil böte. Philara-Chef Gil Bronner freut sich: Der privat finanzierte Kunstort kann das Geld des Handelsriesen gut gebrauchen.