Start-up-Woche: Auch mal vom Scheitern erzählen

Junge Gründer berichten von gescheiterten Unternehmen - und was sie daraus gelernt haben.

Foto: Carina Grode

Claudia Küppers geht auf die Bühne, nimmt sich das Mikro und fragt zuallererst ins Publikum, wer auch so eine Angst vor dem Präsentieren habe wie sie. Das sei überhaupt nicht ihr Ding. Trotzdem ist sie heute hier, um ihre Erfahrungen zu teilen. Fünf Jahre lang war sie Inhaberin eines Ladens für Sportbekleidung an der Friedrichstraße. Dabei habe sie viele Fehler gemacht, die man hätte vermeiden können. Welche das waren und was sie daraus gelernt hat — davon möchte sie erzählen. Küppers war mit anderen Unternehmern Gast der Düsseldorfer Fuckup-Night, die Teil der Start-up-Woche war. „Fuck up“ bedeutet so viel wie „Mist bauen“, etwas gründlich vermasseln.

Küppers kam die Idee zu ihrem Sportshop im Ausland. In Los Angeles entdeckte sie einen Laden, der sie mit schöner Sportkleidung und guter Beratung überzeugte. Genau so ein Geschäft wollte sie in Düsseldorf aufmachen. Sie fand ein Ladenlokal, ein Unternehmensberater sagte ihr, die Lage sei okay. Freundin und Mann sagten, die Lage sei es nicht. Doch Küppers hatte sich schon verliebt. 2005 eröffnete Clauds, ein Shop mit Sportbekleidung für Frauen.

Bereits nach zweieinhalb Jahren habe sie gewusst, dass der Laden nicht läuft, erzählt Küppers. Doch zugleich habe sie gedacht: „Da muss doch noch was kommen!“ Mit einem Knopfdruck wechselt sie zur nächsten Folie, eine Tabelle mit den Jahresumsätzen. 2008 schliddert der Umsatz in den vierstelligen Minusbereich, 2009 wird dieser fünfstellig. Ursachen gab es viele. Ihre Sportbekleidung habe eine zu kleine Marge abgeworfen und zu lange gehalten. Außerdem sei die Lage im Einzelhandel das A und O. Und wer gehe schon an der Friedrichstraße Kleidung kaufen?

Messen, Kooperationen, Newsletter, Werbung - nichts half, die Umsätze aus dem Keller zu holen. Küppers’ Mitarbeiterinnen schlugen vor, Männerbekleidung ins Sortiment zu nehmen oder die Sachen auch online anzubieten. Aber Küppers wollte nicht hören. Als nach fünf Jahren der Mietvertrag auslief, gab sie auf. Eine harte Zeit, in der sie professionelle Hilfe annehmen musste, um wieder auf die Beine zu kommen.

Heute ist Claudia Küppers wieder selbstständig, allerdings im Bereich Büroorganisation, und kann genau benennen, warum es mit ihrem Laden nicht geklappt hat: Sie war zu verliebt in ihre Geschäftsidee. Das sei wie mit einem Mann, da werde man blind vor Liebe. Stattdessen sollte man für seine Idee brennen und offen sein für Kritik und Ratschläge. Man müsse flexibel bleiben und vor allem seine Zahlen im Griff haben.

Eine Geschichte vom Scheitern kann auch Marc Clemens erzählen, der 2012 einen Online-Weinshop gründete. Erst blieben die Kunden aus, dann sprang ein Investor ab. Seine Bestandsinvestoren ermutigten ihn dranzubleiben, er selbst wollte der weltbeste Weinladen werden. Trotz immer neuer Finanzierungsrunden war sein Unternehmen nach zwei Jahren zahlungsunfähig. Clemens meldete Insolvenz an und konnte schnell seinen Frieden damit machen - schließlich würden neun von zehn Start-ups scheitern.

Schon nach einem Jahr hat er wieder gegründet, diesmal aber einiges anders gemacht. Sein neues Unternehmen Codecontrol sei von Anfang an profitabel gewesen und nicht auf das Geld von Investoren angewiesen. Außerdem lege er heute viel Wert auf eine offene Fehlerkultur. Einmal in der Woche bespricht er sich mit seinen Mitarbeitern: Was ist letzte Woche schiefgelaufen, was lief gut?

Bei Küppers und Clemens war es die Liebe zur eigenen Idee, die sie blind gemacht hat. Ganz anders ist Mark Scheren zu seiner Geschichte gekommen. Er ist nach dem BWL-Studium in das familieneigene Logistik- und Immobilienunternehmen hineingerutscht, ausgerechnet als es in eine millionenschwere Krise geriet, weil ein großer Kunde nach dem anderen absprang. Nach zwei nervenaufreibenden Jahren wendete sich dank eines russischen Privatinvestors doch noch das Blatt. Scheren sagt, er habe in dieser Zeit aber Erfahrungen gesammelt, die für 20 Jahren reichen.

Erfolg hängt von vielen Faktoren ab, das ist in der Politik nicht anders. Als letzter an diesem Abend erzählt Benjamin Jopen vom Scheitern der Grünen bei der Landtagswahl vor einem Jahr. Als Wahlkampfmanager hat er die lange Vorbereitungszeit miterlebt. Seine Partei habe viel über die Wähler gewusst, die Kampagne aufwändig getestet. Doch im entscheidenden Moment habe man sich dann zu sehr auf Wahlumfragen verlassen. Hinzu kamen immer mehr Schwerpunkte in den Sitzungen, die zu einem eher schwammigen Programm führten. Jopen zeigt eine Folie mit den Wahlplakaten: „Das war weder Fisch noch Fleisch!“ Andere würden damit vielleicht durchkommen, bei den Grünen habe es 2017 nicht geklappt. Letztlich brauche man für den Erfolg auch ein bisschen Glück — oder zumindest kein Pech.