Telefonseelsorge online: Den Kummer von der Seele chatten
Düsseldorf folgt anderen Städten und bietet die Seelsorge jetzt auch übers Internet an: Dadurch ändern sich auch die Themen.
Düsseldorf. Die neuen Medien gehen auch an der Telefonseelsorge nicht vorbei und verändern die Arbeit grundlegend. Dortmund war die erste Stadt, die vor zehn Jahren, die Seelsorge auch als Chat im Internet anbot. Seitdem melden sich dort mehr junge Menschen und bringen andere - teilweise härtere - Themen mit. Ab sofort bietet Düsseldorf die Seelsorge nun auch übers Internet an.
Neue Zielgruppen erreichen, das ist eins der Ziele, das Ulf Steidel, Leiter der Düsseldorfer Telefonseelsorge, am Montag vor Journalisten nannte. Zum andern möchte er die Erreichbarkeit der Seelsorge verbessern. Denn die Anrufer brauchen meist viel Geduld, bis sie durchkommen. Rund 20 000 Gesprächen, die im Vorjahr aus Düsseldorf und Umgebung eingingen, steht ein Mehrfaches an erfolglosen Versuchen gegenüber, die mit einem Besetzt-Zeichen endeten.
Laut Steidel hat bei der Arbeit der Telefonseelsorger die Alltagsbewältigung im Vordergrund gestanden: "Da geht es nicht um schwerwiegende psychologische Störungen und sehr selten um Selbstmordabsichten." Viele seien einfach einsam und suchten einen Gesprächspartner.
Dagegen würden die Erfahrungen anderer Städte zeigen: Über den Chat melden sich zunehmend jüngere Menschen mit anderen Problemen: Sie berichteten von sexuellem Missbrauch, redeten über ernsthafte Depressionen oder über Essstörungen. Ein weiterer Grund für die größere Offenheit laut Steidel: "Das Chatten ist anonymer, dadurch sinkt die Hemmschwelle."
Andererseits würden die Kontakte auch flüchtiger und unverbindlicher, gibt Steidel zu bedenken. Trotzdem ist er von dem zusätzlichen Angebot vollkommen überzeugt. Außerdem besteht die Möglichkeit, über E-Mail Kontakt zur Seelsorge aufzunehmen. Hier bleibt der Kontakt an einen Ansprechpartner gebunden, Korrespondenzen ziehen sich oft über mehrere Monate.
Von 100 Telefonseelsorgen in Deutschland bieten inzwischen 20 den Internet-Chat an. Anders als beim Telefon gerät man beim beim Chat nicht unbedingt an einen Seelsorger in der Stadt oder Region. Interessenten können unter www.telefonseelsorge.de einen Termin mit Seelsorgern in ganz Deutschland reservieren.
Um den Service weiter ausbauen zu können, sucht die Düsseldorfer Seelsorge neue ehrenamtliche Mitarbeiter. Von den etwa 100 zurzeit aktiven Seelsorgern haben sieben bisher die Fortbildung absolviert.
Auf der Suche ist außerdem der Förderverein, nämlich nach finanziellen Unterstützern. Der neue Vorsitzende des Vereins, Bernd Eversmann: "Die Telefonseelsorge funktioniert nur über Ehrenamt." Eine tarifliche Bezahlung würde dem Kontakt das Persönliche nehmen.