Toter Säugling: Polizei klebt Plakate rund um Friedhof
Kind war wohl gerade geboren worden — Ermittler glauben, dass die Mutter dringend Hilfe braucht.
Einen Tag nach der Entdeckung einer Babyleiche auf dem Unterrather Friedhof haben Polizisten gestern im Umfeld Flugblätter verteilt und Fahndungsplakate geklebt. „Wir gehen den Schritt in die Öffentlichkeit, weil wir dringend Hinweise benötigen“, sagt Volker Elsner, Leiter der Kommission „Unterrather“. Denn von der Mutter des Säuglings fehlt noch immer jede Spur.
Inzwischen steht fest, dass das kleine Mädchen etwa 44 Zentimeter lang war. Die Schwangerschaft der Mutter befand sich also in einem fortgeschrittenen Stadium. Gefunden wurden Reste der Nabelschnur. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass das Kind entweder tot zur Welt kam oder kurz darauf starb beziehungsweise getötet wurde. Die Todesursache zu ermitteln, sei wegen des Zustandes der Leiche „extrem schwierig, wenn nicht sogar unmöglich“, sagt Elsner. Der kleine Leichnam habe möglicherweise schon den ganzen Mai über in der Erde des Friedhofes gelegen, vielleicht sogar im April. Auch über die ethnische Herkunft kann die Polizei daher nichts sagen.
„Die Spurenlage ist als ausgesprochen dürftig zu bezeichnen“, daraus macht der Kommissionsleiter keinen Hehl. Dennoch wollen seine Ermittler alles daran setzen, die Mutter des Kindes zu finden. Polizeisprecherin Susanna Heusgen stellt klar: „Wir suchen keine Täterin, sondern eine Mutter, die dringend Hilfe braucht.“ Man gehe davon aus, dass sie sich in einer psychischen Notsituation befindet. „Das ist ein sehr spezielles Ermittlungsfeld“, erklärt Elsner und meint damit auch die Möglichkeit, dass es sich um Neonatizid handelt — die Tötung eines Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt also. Er hat daher Unterstützung von Kriminalisten der Operativen Fallanalyse (OFA) beim Landeskriminalamt angefordert, die unter anderem ein mögliches Profil der Mutter erarbeiten sollen.
Zudem ist bereits ein halbes Dutzend Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. In Unterrath hat sich der Fall rasch herumgesprochen, wie sich bei der Polizeiaktion vor Ort zeigt. „Alle sind sehr betroffen und haben Mitleid mit der Mutter, die sicher große Not hatte“, sagt Anwohnerin Margret Göres. Auch die Inhaberin der Friedhofsgärtnerei, Ingeborg Matthiessen, hängt ein Fahndungsplakat in ihr Schaufenster und will helfen. Der Friedhof, so sagt sie, wird vor allem vom direkten Umfeld frequentiert. Dass die Mutter ebenfalls aus der Nachbarschaft kommt, sei nicht auszuschließen, sagt Elsner. Deshalb werden jetzt etwa alle Frauenärzte der Umgebung von den Ermittlern kontaktiert. Aber, gibt Elsner zu bedenken: In der Nähe sind auch Flughafen, Autobahn und viele Hotels. Die Mutter des toten Babys müsse also nicht zwingend Düsseldorferin sein.