Was Crowdfunding in Düsseldorf möglich macht
Ein Unverpackt-Supermarkt, ein Bildband, ein Musikalbum, ein Film — das alles ist in der Landeshauptstadt dank Geldgeber kleiner Summen auf einer Internetplattform entstanden.
Einen Film in Kinoqualität drehen, das war der große Wunsch von David Sridharan. Doch der Traum hatte seinen Preis. Wie sollte er die technische Ausrüstung bezahlen, vor allem die benötigte Kamera?
Fünf Jahre sind seit der ersten Idee für die Geschichte um den 17 Jahre alten Paul, der auf einer Lichtung erwacht und ihr nicht mehr entkommen kann, vergangen. Und Sridharan steht mit 23 Jahren ganz kurz vor dem Ziel. Er will seinen tatsächlich in Kinoqualität produzierten Kurzfilm bald bei Festivals einreichen, nur einige Korrekturen der Farbe und des Sounds sind noch nötig. Abgedreht hat er sein 23 Minuten langes Werk bereits an einem Wochenende im vergangenen Jahr. Möglich gemacht haben das viele kleine Spenden.
Crowdfunding heißt das Prinzip der Schwarm-Finanzierung über das Internet, das immer populärer wird — vor allem bei Künstlern und Kreativen, was auch in Düsseldorf aktuelle Projekte zeigen. Über 5000 Euro kamen etwa jüngst für den Bildband von Patrick Jelen über Auswärtsspiele der Fortuna zusammen. Markus Luigs sammelte mehr als 13 000 Euro, um seine im Internet veröffentlichten Fotografien namens Düsseldorfer Perlen in einem Buch veröffentlichen zu können, dessen erste Auflage nahezu vergriffen ist. Björn Amend steht zurzeit bei 16 000 Euro, um bald seinen großen Unverpackt-Supermarkt zu eröffnen. Das erste Finanzierungs-Ziel ist erreicht, das zweite liegt bei 45 000 Euro. Zurzeit läuft die Suche nach einem Ladenlokal auf Hochtouren.
Jung-Regisseur Sridharan hatte am Ende 2800 Euro über die Crowdfunding-Plattform „Startnext“ eingenommen, was ein Drittel seines Budgets ausmachte. Möglich wurde das Projekt zudem, weil es zum Gegenstand eines Seminars an der Heine-Uni wurde, kein Teilnehmer ein Gehalt bekommt und eine Stiftung unterstützt.
Sridharans berichtet demzufolge von sehr guten Erfahrungen mit dem Prinzip Crowdfunding. „Aber es steckt auch viel Arbeit darin, die umsonst gewesen wäre, wenn wir unser Finanzierungsziel nicht erreicht hätten.“ Auf der größten deutschen Plattform „Startnext“ wird das gesammelte Geld dann nämlich nicht ausgezahlt.
Am wichtigsten sei es gewesen, schon vor der Aktion ein großes Netzwerk von potenziellen Unterstützern aufzubauen. Über die Pflege eines Newsletters etwa oder Facebook. „Der Aufwand wird sich für mich nicht bei jedem Projekt lohnen.“ Denn fest steht, Sridharan will weiter Filme machen. Seinen Kurzfilm „Tau“ will er nach den Festivals vielleicht Kino-Verleihern anbieten, vielleicht wird der Film aber auch gratis im Internet zu sehen sein.
Wer sich die aktuellen Projekte aus Düsseldorf auf „Startnext“ anschaut, sieht, was auch über die Stadtgrenzen hinaus gilt. Vor allem Musiker sind es, die ihre Alben, Tourneen, ja, ihr berufliches Lebens über Crowdfunding zu finanzieren versuchen — etwa One Eye Open und The Happy Gangstas. Über die Stadtgrenzen hinaus macht es der ehemalige Gewinner der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ Thomas Godoj allen vor. Er soll europaweit Rekordhalter sein — jüngst erreichte er eine schwarm-finanzierte Summe von mehr als 200 000 Euro für sein Album „13 Pfeile“.
Viel öfter anzutreffen sind jedoch die weniger bekannten, oft jungen Künstler, die weniger Geld für den Start benötigen. In Düsseldorf versucht die vierköpfige Band Haynrich gerade im ersten Schritt 2700 Euro, im zweiten 6000 Euro für ihr erstes Album zu sammeln. Neben Spenden können Unterstützer auch so genannte „Dankeschöns“ kaufen. Bei den Mittzwanzigern, die sich teils von anderen Bandprojekten und einem gemeinsamen Musikstudium kennen, reicht die angebotene Palette von obligatorischen T-Shirts über Wohnzimmerkonzerte bis hin zu einer Tätowierung für 3000 Euro. Die würde man dann mit allen Bandmitgliedern exklusiv teilen. Die Motivwahl ist offen.
„Es ist toll, dass Crowdfunding uns diese Möglichkeiten gibt“, sagt der 26-jährige Sänger Heinrich Zaharov, der zudem als selbstständiger Konzertveranstalter arbeitet und etwa eine wöchentliche Reihe im Sir Walter an der Heine-Allee organisiert. Er ist voll des Lobes über die Unterstützung des „Startnext“-Teams. „Wir haben sehr gutes Feedback bekommen.“ Deshalb wolle man das Unternehmen mit sechs Prozent am erzielten Ergebnis beteiligen. Diese freiwillige Provision — neben vier Prozent Transaktionsgebühr, die an Banken fließt — liegt laut Startnext übrigens im Durchschnitt bei drei Prozent.
Falls die Finanzierung schief gehen sollte, würde das bereits über einen Zeitraum von zwei Jahren entstandene Album zwar trotzdem erscheinen und das Release-Konzert im Pitcher an der Oberbilker Allee am 10. August über die Bühne gehen, aber: „Wir könnten nur eine kleinere Auflage bezahlen und hätten viel weniger Mittel für Promotion.“ Und auch der Weg zum nächsten Album würde wesentlich steiniger. „Wir haben keine Sponsoren oder Industrie, die hinter uns steht.“ Große Sorgen muss sich Zaharov allerdings nicht machen. Schon in den ersten beiden Tagen der Aktion kamen fast 1000 Euro zusammen.