"Sport und Kunst fehlen mir sehr" Düsseldorfer Weinhändler über Leben im Lockdown

Düsseldorf · Michail Golzarandi unterstützt lokale Händler und erklärt seinen Kindern, warum sie Oma und Opa nicht besuchen dürfen.

Michail „Gonzo“ Golzarandi erzählt von seinem Leben im Lockdown. Der Weinhändler sagt: „Ich will den Kopf nicht in den Sand stecken.“

Foto: Bretz, Andreas (abr)

„Natürlich fällt es schwer, alles wieder runterzufahren und sich nahezu komplett zurückzuziehen. Es kommt einem so kurz vor, dass man sich nach dem ersten Lockdown im Frühjahr wieder halbwegs frei bewegen konnte: Ausgehen, Sport, mit Freunden treffen.

Eigentlich gehe ich einmal die Woche zum Sport und versuche außerdem, einmal pro Woche mit einer Freundin joggen zu gehen. Sport fällt jetzt wieder aus und Joggen mit Maske ist auch nicht toll. Also müssen wir uns eine neue Joggingstrecke überlegen, damit wir etwas außerhalb von Unterbilk laufen, wo keine bebauten Flächen sind.

Corona hat uns natürlich ähnlich wie die Gastronomie- und Cateringbranche arg gebeutelt, aber den Kopf in den Sand stecken oder langsam unserem Verfall zusehen, war für uns keine Alternative. Also haben wir in unserem Weinladen in einer alten Tankstelle gesessen und überlegt, was wir anders oder Neues machen können, um aus der Situation und mit dem etwas Mehr an Zeit das Beste zu machen. Und so ist unser neuer Onlineshop erst seit ein paar Tagen am Start.

Da wir mit unserem Weinhandel im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen geöffnet haben, bewege ich mich ja noch unter Menschen in unserem Stadtteil. Wir versuchen natürlich, unsere Kunden anzuhalten, sich auf das Minimum zu beschränken und lieber in unserem Online-Shop zu bestellen, statt sich einem unnötigen Risiko auszusetzen.

Vor vier Wochen waren meine Frau und ich in der Kunstsammlung in Wolfsburg und haben uns die Ausstellung des Düsseldorfer Künstlers Uli Hensel angeschaut. Die Woche drauf war ich noch im Pitcher an der Oberbilker Allee bei einer der Sessions von Andy Barstool. Hätte mir jemand gesagt, dass das sehr wahrscheinlich die letzten kulturellen Veranstaltungen für die nächste Zeit sein werden, ich hätte es nicht geglaubt.

Unser Grundsatz ist #supportyourlocaldealer, daher versuchen auch wir in den kommenden Wochen unsere Nachbarschaft bestmöglich zu unterstützen. Die Hafen-Meisterei hat ein Gänse-Taxi ins Leben gerufen, das wir ganz sicher nutzen werden, unser Mittagessen holen wir ohnehin immer in den umliegenden Läden an der Bilker Allee, der Lorettostraße oder der Friedrichstraße.

Gerade die Gastronomie ist zurzeit arg gebeutelt, und wenn wir alle in puncto Lebensqualität und Esskultur die Vielfalt hier in Düsseldorf erhalten wollen, sehe ich es als Pflicht an, diese bestmöglich zu unterstützen.

Die schwerste Aufgabe in den kommenden Wochen wird sicher wieder sein, unseren beiden Kindern zu erklären, warum sie sich nicht mit all ihren Freunden zum Spielen treffen können und warum wir nicht die Großeltern besuchen dürfen.

Und natürlich werde ich bei einer guten Flasche Wein zu Hause gute Zeitschriften durchblättern, um schon einmal Inspirationen zu sammeln für die Aktivitäten nach dem Lockdown.“

(bpa)