NRW Gefängnisstrafe für den „Earl of Bristol“

Mönchengladbach/Neuss · Das Amtsgericht Mönchengladbach verurteilte einen 27 Jahre alten Betrüger und Hochstapler zu sechs Jahren Gefängnis. Der blieb noch in seinen Schlussworten dabei, Spross aus adligem Hause zu sein. Weitere Verfahren folgen.

Prozess gegen den „Falschen Earl of Bristol“ vor dem Landgericht Mönchengladbach.

Foto: Marc Pesch

Er wollte in der Welt der „Reichen und Schönen“ mitmischen – jetzt sitzt er für sechs Jahre im Gefängnis. Das Amtsgericht Mönchengladbach hat einen jungen Hochstapler aus Neuss zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Der selbst ernannte „Earl of Bristol“ hatte im Prozess bis zuletzt bestritten, Menschen betrogen und sich eine falsche Identität zugelegt zu haben.

Das Verfahren gegen den Neusser hatte bereits im Mai begonnen. Die Staatsanwaltschaft hatte damals mehr als 60 Betrugstaten aufgelistet. Von denen wurden zwar einige wegen Geringfügigkeit eingestellt, am Ende blieben aber dennoch zahlreiche schwerwiegende Vorwürfe übrig – in einer Art und Weise, wie sie weder der Staatsanwaltschaft noch dem zuständigen Richter nach deren Bekunden jemals untergekommen waren. Dem Urteil liegen 25 Taten zugrunde.

Auch das Einser-Abi
war wohl gefälscht

Der Angeklagte ist gebürtiger Neusser und wuchs in Grevenbroich-Neurath auf. Dort schaffte er nicht mal einen Schulabschluss. Das hielt ihn laut Staatsanwaltschaft aber nicht davon ab, sich in eine noble Welt „hineinzulügen“. „Er hat gefälscht, was irgendwie gefälscht werden konnte“, erklärte Richter Marten Fleig in seiner Urteilsbegründung. „Restlos alles, was er uns hier im Prozess erzählt hat, war gelogen.“

So habe er seine Geburtsurkunde gefälscht, sich als englischer Adeliger ausgegeben und sich ein Einser-Abitur des Düsseldorfer Luisengymnasiums verschafft. „Inklusive Stempel“, so Richter Fleig. „Problem war nur: Auf der Schule kannte ihn kein Mensch – er war niemals dort.“ Auch Gehaltsnachweise wurden gefälscht, demnach sollte der Hochstapler als Telekom-Mitarbeiter ein monatliches Netto-Gehalt von 10 000 Euro beziehen. „Er hat sich als Business-Man ausgegeben und sich mit dem Adelstitel des Earl of Bristol noch die Haube aufgesetzt“, so Fleig.

Mit dieser Legende wurden aber nicht nur Autohäuser, Banken, Vermieter oder Hotels betrogen – auch engste Angehörige wurden verleugnet oder über den Tisch gezogen. So behauptete der junge Neusser, er sei der Spross eines blaublütigen Engländers, der schicksalhafterweise im Afghanistan-Krieg gefallen sei. Bei dieser Geschichte blieb er auch, nachdem sein Vater aus Neuss und auch seine Tante ihn zweifelsfrei vor Gericht identifiziert hatten. „So was ist mir noch nicht untergekommen“, kommentierte der zuständige Staatsanwalt.

Mann soll seine
Freundin ausgenutzt haben

Seine Freundin nutzte er schamlos aus. So bestellte er unter Verwendung ihrer persönlichen Daten Luxus-Tablets oder Smartphones, schloss Leasing-Verträge mit Autohäusern ab oder buchte Flüge ins Ausland. In London täuschte er sogar eine Gerichtsverhandlung vor, um darlegen zu können, dass er tatsächlich der „Earl of Bristol“ sei.

„Das ist einfach eine enorm hohe kriminelle Energie, die Sie an den Tag gelegt haben“, so der Richter. Auch in seinem letzten Wort wollte der falsche „Earl“ seine Betrügereien nicht einsehen – er blieb bei seiner Legende. Sein Verteidiger fasste sich in seinem Plädoyer vermutlich aus Scham kurz. Aus Sicht des Mandanten käme nur ein Freispruch in Frage, wenn es dennoch zu einer Verurteilung käme, würde er um ein mildes Urteil bitten. Dazu kam es allerdings nicht: Das Gericht verurteilte den Hochstapler aus Neuss zu sechs Jahren Haft wegen Betrugs, Fahren ohne Führerschein und diversen weiteren Delikten. Damit ist das Ende der gerichtlichen Auseinandersetzungen wohl noch nicht erreicht.

Die Staatsanwaltschaft kündigte weitere Verfahren gegen den „Earl“ an. Der 27-Jährige kann derweil gegen das Urteil noch Berufung einlegen. Sollte er dies machen, müsste der Fall am Landgericht Mönchengladbach noch einmal neu aufgerollt werden.

(mape)