Gnisa zum Fall Sami A.: Gewaltenteilung aus gutem Grund

Berlin (dpa) - Mit seiner Aussage zur Diskrepanz zwischen Richterentscheidungen und dem Rechtsempfinden der Bevölkerung hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) auch den Deutschen Richterbund gegen sich aufgebracht.

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„Aus guten Gründen haben wir in der Bundesrepublik die Gewaltenteilung“, sagte Richterbund-Chef Jens Gnisa der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Zu einer funktionierenden Demokratie gehört eine unabhängige Justiz. Es ist nicht zuträglich, wenn diese durch Aussagen eines Innenministers angegriffen wird.“

Der als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. war im Juli nach Tunesien abgeschoben worden - zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht in Münster entschied. Die Behörden müssen den 42-Jährigen nun nach Deutschland zurückholen. Reul hatte dies in der „Rheinischen Post“ mit den Worten kommentiert: „Die Unabhängigkeit von Gerichten ist ein hohes Gut. Aber Richter sollten immer auch im Blick haben, dass ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen.“ Er bezweifele, dass dies im Fall Sami A. geschehen sei.

Gnisa sagte der Zeitung, alle Beteiligten der Diskussion sollten jetzt „konfliktauflösend wirken“. „Die breite Empörung und das Erstaunen über die Entwicklung im Fall Sami A. bei den Bürgern kann ich persönlich nachvollziehen.“

Aus Sicht des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki fühlen sich die betroffenen Gerichte ausgetrickst. „In einem Rechtsstaat darf sowas eigentlich nicht passieren“, sagte er im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb). Zuvor hatte Kubicki Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) „unglaubliches Versagen“ vorgeworfen. In NRW forderten erste Oppositionspolitiker den Rücktritt von Integrationsminister Joachim Stamp (FDP).