Jede siebte Schule in NRW ohne Schulleiter
Bildung ist für alle Parteien eine Schlüsselaufgabe. In der Praxis hapert es aber an entscheidenden Stellen: In NRW fehlt an jeder siebten Schule der Chef. Noch schlimmer sieht es bei den Vize-Posten aus. Der Job sei „unattraktiv hoch drei“, erklärt ein Gewerkschafter.
Düsseldorf. Jede siebte öffentliche Schule in Nordrhein-Westfalen hat keinen Schulleiter. Über alle Schulformen hinweg sind derzeit 734 Chefsessel (2017: 784) und 939 Stellvertreterposten (2017: 971) vakant. Das teilte das Schulministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf mit.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Problematik kaum verbessert: Über 14 Prozent der 5107 öffentlichen Schulen sind ohne regulären Schulleiter und gut 22 Prozent der 4253 Schulen mit Anspruch auf eine Vertreterstelle ohne Vize. Im Sommer 2017 waren die Quoten fast genauso.
Bei den regulären allgemeinbildenden Schulformen haben Haupt- und Realschulen weiterhin die schlechtesten Besetzungsquoten. Derzeit fehlt an jeder dritten der 311 Hauptschulen ein Schulleiter: insgesamt 103 Chefs und 73 Stellvertreter. An den 430 Realschulen sind 91 Chef- und 97 Vizeposten vakant.
In absoluten Zahlen ist der Mangel an den 2725 Grundschulen am größten: Hier fehlen 363 Rektoren und 529 Konrektoren. Damit hat sich die Besetzungsquote minimal um einen Prozentpunkt auf 86,68 verbessert. Die gut dotierten Chefsessel in Gesamtschulen (93 Prozent Besetzung) und Gymnasien (rund 90 Prozent) bleiben nur selten leer.
Der Vorsitzende des Lehrerverbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, forderte von Bundes- und Landesregierungen zügige Maßnahmen. Das Problem des allgemeinen Lehrer- und Schulleitermangels betreffe alle Länder, sagte er der dpa. Minimale Anhebungen der Besoldungen - wie zuletzt in NRW - machten den Beruf nicht attraktiver, solange sich Lehrer mit ständig wachsenden Aufgaben konfrontiert sähen.
Von Freitag bis Samstag kommender Woche (9./10. März 2018) kommen in Düsseldorf über 2500 Teilnehmer zum 7. Deutschen Schulleiterkongress zusammen. Dort wird nach Angaben des mitveranstaltenden VBE die erste bundesweit repräsentative Umfrage zur Situation der Schulleiter vorgestellt.
„Wir steuern in eine ausweglose Situation“, warnte Beckmann. Nicht zu unterschätzen sei die Lücke bei den schlecht bezahlten Vize-Schulleitern, die eigentlich der natürliche Personalpool für spätere Chef-Positionen seien. „So ein verantwortungsvoller Posten für so wenig Extra - das ist unattraktiv hoch drei“, konstatierte der Lehrergewerkschafter. „Schulleiter müssen den Mangel verwalten.“
Beckmann forderte die Kultusministerkonferenz (KMK) auf, valide bundesweite Daten zum Lehrer- und Schulleitermangel zu erheben und sich auf einen gemeinsamen Aktionsplan zu verständigen. Bundesweite Vergleichszahlen werden dazu bislang nicht erhoben, wie das Bundesbildungsministerium, das Statistische Bundesamt und die KMK auf dpa-Anfrage mitteilten. Die Politik versuche damit, das Problem klein zu halten, mutmaßte Beckmann.
Darüber hinaus fordert der VBE-Chef einen verbindlich einklagbaren Schlüssel für Assistenzstellen wie Schulsekretärinnen und Hausmeister. Bislang entscheide sich das nach Kassenlage des kommunalen Schulträgers. „In hoch angesehenen Schulen gibt es eine gute Besetzung, im Ruhrgebiet eher eine schlechte.“
Mindestens in den Kernzeiten müsse jedes Schulsekretariat durchgängig besetzt sein, betonte Beckmann. „An machen Schulen hat der Leiter nur an zwei oder drei Tagen Unterstützung - in den übrigen Tagen ist er seine eigene Sekretärin.“ Für wichtige Aufgaben wie Schul- und Qualitätsentwicklung bleibe oft zu wenig Zeit.
Außerdem müsse das grundgesetzlich verankerte Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildungsfinanzierung endlich aufgehoben werden. „Die Länder und Kommunen können die großen Aufgaben Inklusion, Integration, digitaler Wandel ohne Unterstützung des Bundes nicht schaffen“, mahnte der VBE-Chef. Unabdingbar sei bei einer gemeinsamen Finanzierung aber eine staatsvertragliche Regelung, wie mit Bundesgeldern umzugehen sei, damit sie nicht in die Haushaltssanierung fließen. dpa