Passantenumfrage So „vital“ ist die Kempener Innenstadt

Kempen · Die Kempener City schneidet bei einer Passantenumfrage insgesamt gut ab – beim Sightseeing wünschen sich viele aber mehr. Die Politik ist von der Aussagekraft der Studie nicht ganz überzeugt.

v.l.: Mike Schreiber vom IHF Köln stellte mit Wirtschaftsförderer Stefan von Laguna, Armin Horst und Rainer Hamm vom Werbering, Hans-Peter van der Bloemen (CDU), Ute Straeten (Grüne) und Bürgermeister Christoph Dellmans die Studie „Vitale Innenstädte 2022“ für Kempen vor.

Foto: JA/Lübke, Kurt (kul)

Zum ersten Mal hat Kempen an der Studie „Vitale Innenstädte“ des Marktforschungsinstituts IFH Köln teilgenommen. Dabei wurden in diesem Jahr in 111 deutschen Städten aller Größen und Regionen Innenstadtbesucher zu ihren Einkaufsgewohnheiten und der Attraktivität der Innenstadt befragt. Die Umfrage wird seit 2014 alle zwei Jahre durchgeführt.

In Kempen nahmen an der Studie 426 Passanten teil, befragt wurden sie an einem Donnerstag und einem Samstag im September und Oktober 2022. Man wählte dabei bewusst Tage, an denen keine Sonderveranstaltungen stattfanden. „Es ist eine Momentabbildung der Leute, die sich an diesen Tagen in der Innenstadt aufhielten“, erklärt Mike Schreiber vom IFH die Ergebnisse. Am Donnerstag stellte er mit Vertretern der Stadt, der Politik und des Werberings die Kempener Studie vor.

Was zunächst auffiel: 84,2 Prozent der Befragten waren Kempener, nur 15,6 Prozent kamen von Außerhalb. Damit lag Kempen bei den Besuchern deutlich unter dem Durchschnitt ähnlich großer Städte (34 Prozent von Außerhalb). Besonders positiv berwerteten die Befragten das Gastronomieangebot, sowie die Fußgänger- und Fahrradfreundlichkeit der Innenstadt und die Sicherheit. Das Flair und die Verweilmöglichkeiten schnitten gut ab. Bei den Gründen für einen Innenstadtbesuch wurde „Shopping“ am häufigsten genannt.

Die Sightseeing-Angebote hingegen wurden als ausbaufähig bewertet. Auffällig war auch, dass die Kempener Innenstadt fast durchweg von den Auswärtigen positiver bewertet wurde, als von den Einwohnern. Bei der Gesamtattraktivität erhielt Kempen die Note 2,6.

„Wir stehen gut da“, resümierte Dellmans. Aber in Kempen habe man mehr zu verlieren als in anderen Städten. „Das spiegeln uns die Besucher und Niederrhein Tourismus.“ Und es gebe in der Studie einige Punkte, die aufmerksam machen müssen. „Beim Sightseeing schneiden wir nicht so gut ab wie der Durchschnitt.“ Da sehe er möglichen Handlungsbedarf. „Vielleicht müssen wir unsere Denkmäler auch mehr öffnen, vielleicht auch die Burg.“ Dies hatte der Bürgermeister nach der Übernahme der Burg vom Kreis im vergangenen Sommer vorerst eigentlich ausgeschlossen.

Qualitativ hochwertige Geschäfte sollen in Leerstände einziehen

Aber auch der Leerstand in der Kempener Altstadt sei ein Thema. Wirtschaftsförderer Stefan von Laguna sagte zur aktuellen Lage: „Wir bemerken, dass das eine oder andere Schaufenster mehr leer ist.“ Aber man führe viele Gespräche im Hintergrund und er wisse, dass in einige Lokale schon sehr bald wieder Läden einziehen werden. „Und zwar Geschäfte, die qualitativ hochwertig sind.“ Dennoch gebe es weiterhin Ladenlokale, die leer und unschön anzusehen seien. „Aber da sind uns teils auch die Hände gebunden, wir sind ja als Stadt nicht die Eigentümer“, so von Laguna.

„Wir müssen uns nun viele kleine Mosaikstücke erarbeiten, um in zwei Jahren besser dazustehen, als in diesem Jahr. Aber wir klagen auf hohem Niveau“, so Dellmans zur IFH-Studie.

Ute Straeten von den Grünen sagte, man sei mit dem Runden Tisch Stadtmarketing und Tourismus bereits jetzt nah dran an allen Protagonisten der Altstadt, trage Anregungen stets in den Wirtshaftsausschuss und setze viele Verbesserungsmaßnahmen um. „Warum schneiden andere trotzdem besser ab? Wir müssen die Ergebnisse gut beleuchten und daraus lernen“, so Straeten

Verwaltung bereitet digitale
Stadtführungen vor

Am Donnerstagabend wurde die Studie auch im Wirtschaftsausschuss vorgestellt und besprochen. Die Politik hatte die Ergebnisse bereits zwei Wochen zuvor erhalten. Wirklich glücklich schienen die Ausschussmitglieder mit der Umfrage jedoch nicht. In zahlreichen Wortmeldungen wurde der Zeitpunkt der Umfrage kritisiert. Der Herbst sei ein wenig geeigneter Zeitpunkt, hieß es, da dieser eine ohnehin ruhige Jahreszeit in der Altstadt sei. Die Radfahrer blieben aus, zudem sei die Bahnverbindung durch den Umbau zeitweise schlecht gewesen. Auch hätte man an Markttagen wahrscheinlich mehr Auswärtige angetroffen – und insgesamt sei die Zahl der Befragten nicht sehr repräsentativ.

Helmut Nienhaus (Grüne) wünschte sich eine deutlichere Aufschlüsselung in die Antworten der Kempener und der auswärtigen Besucher. Diese soll nun nachgereicht werden. Ausschussvorsitzende Ute Straeten, die am Nachmittag noch angetan von der Studie schien, stellte am Abend fest: „Die Auswertung liegt an uns.“ Und gegebenenfalls gebe es gar keinen Handlungsbedarf.

CDU zieht Antrag zu mehr Sightseeing-Angeboten zurück

Die CDU hatte zu dem Tagesordnungspunkt um Erläuterung gebeten, welche Stadtführungen es derzeit in Kempen gibt. Die Verwaltung präsentierte dazu die aktuell sechs verschiedenen Führungen im einzelnen. Dabei verkündetet sie, dass die Schilder des Altstadtrundgangs in kürze erneuert werden sollen. Zudem solle auch ein digitaler Altstadtrundgang eingerichtet werden, mit Erklärungen per App. Solch ein Angebot sei in naher Zukunft unter anderem auch für die Skulpturenführung im Grüngürtel und eine Kinder-Tour vorgesehen.

Die CDU hatte zudem beantragt, die Sightseeing-Angebote in Kempen zu erweitern und besser zu vermarkten. Nachdem die Aussagekraft der Studie jedoch die Ausschussmitglieder nicht recht überzeugt hatte – die Präsentation der Stadt zu den bestehenden und geplanten Angeboten jedoch sehr wohl – zog die CDU den Antrag zurück. Es wurde lediglich vermerkt, dass die Studienergebnisse beim Runden Tisch Stadtmarketing und Tourismus weiter bearbeitet werden sollen.