Soundinstallation im Weltkunstzimmer Selbstverbrennung als Form des Protests

Düsseldorf · Das Künstlerkollektiv Krux richtet im Weltkunstzimmer den Blick auf Suizide durch Selbstverbrennung.

Die Sound-Installation im Weltkunstzimmer.

Foto: Krux

Süd-Vietnam im Jahr 1963: Der buddhistische Mönch Thích Quàng Dúc entschloss sich, seinem Leben im Zeichen des Protests ein Ende zu setzen, und zündete sich an. Das erschreckende Bild des Mönchs in Flammen ging um die Welt. Seit 1963 verbrannten sich weltweit mindestens 900 Menschen aus Protest, die Dunkelziffer wird auf weit über 3000 geschätzt.

„Sich durch die gewaltvollste Art Gehör verschaffen“, nennt es Klangkünstler Vincent Stange. Mit seinem Künstlerkollektiv Krux hat er sich der Protestform angenommen, die dem Dilemma zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit ausgesetzt ist. Ein Thema mit einer Krux; eines voller Widersprüche. Der Fall von Mönch Thích Quàng Dúc ist eines von acht Beispielen, das den Besuchern der Installation im Weltkunstzimmer ab Donnerstag, 19. Januar, in besonderer Form präsentiert werden soll.

Das Kollektiv Krux setzt sich aus Künstlern verschiedener Sparten zusammen – Sophia Otto, Elsa Weiland, Joseph Baader und eben Vincent Stange aus Text, Spiel, Tanz, Musik und Video. Deshalb seien ihre Produktionen auch spartenübergreifend konzipiert, sagt Stange. Auf ihrer Vita stehen bereits Theaterproduktionen und nun eben die Soundinstallation. „Unsere Produktionen sind theatral gedacht“, so Stange, „das Publikum wird in das Geschehen eingebaut und ist performativ mit dabei.“ Im Frühjahr 2021 hat sich das Künstlerkollektiv für das Projekt entschieden. Es folgten Recherchephasen und im Dezember vergangenen Jahres die Premiere in Solingen. Inhalt der Installation werden Texte von acht Protestierenden sein, die von Sprecherin Hildegard Meier eingesprochen wurden und über 16 Boxen im Raum abgespielt werden.

Der Klang der Installation besteht aus Sprache. Krux beschreibt die Erfahrung wie folgt: Sobald die Besucher den Raum betreten, finden sie sich zwischen zwei Lautsprecherkreisen, einem inneren und einem äußeren, wieder. Zunächst sei nur Gemurmel zu hören. Dann, und durch subtile Interaktion, findet das Publikum eine Stimme, teils konkretisiert sie sich oder löst sich im Ensemble der Lautsprecher auf.

„Mit der Inszenierung wollen wir gar nicht sagen, dass das die effektivste Form von Protest ist“, sagt Vincent Stange. Stattdessen sei das Ziel von „Krux“, diese Form von Protest von allen möglichen Seiten zu beleuchten und das Publikum zur Selbstermächtigung zu ermutigen, sich selbst nicht nur als Zeuge, sondern als Akteur auf der gesellschaftlichen Bühne zu begreifen.

Gerade in Zeiten, in denen die Proteste von Aktivisten stärker werden, habe auch diese Installation einen aktuellen Bezug. Selbst bis heute nutzen Aktivisten diese extreme Form des Protests, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen – zuletzt etwa im Arabischen Frühling oder im vergangenen April in New York, als sich der Anwalt und Klimaaktivist Wynn Bruce ansteckte und im Protest sein Leben verlor.

Dort zeichnet sich der große Widerspruch ab. Mit einem Protest soll auf Missstände aufmerksam gemacht werden. Nach der Selbstverbrennung wird der Aktivist aber nichts mehr von der Resonanz seines einsamen Kampfes mitbekommen. Hat der Protest etwas gebracht? Wird sich etwas ändern? Da, wo die Debatte der Aktivisten aufhört, will „Krux“ den Menschen mit ihrer Installation nun Gehör verschaffen.

2023 wird die Soundinstallation für die gleichnamige Performance „Ein Mensch ist keine Fackel“ adaptiert und die Auseinandersetzung mit dem Thema Protestsuizid durch Selbstverbrennung weitergeführt und vertieft.

Info Die Eröffnung der Soundinstallation ist am Donnerstag, 19. Januar, um 18 Uhr im Weltkunstzimmer. Bis zum 29. Januar ist sie geöffnet. Der Eintritt ist frei.