22.200 Bürger gegen Kraftwerk

Umweltverbände wittern Morgenluft: Im Genehmigungsantrag haben sie etliche Ansätze für erfolgversprechende Klagen entdeckt.

Krefeld/Uerdingen. "Kein Kohlekraftwerk in Uerdingen. Wir fordern ein Gaskraftwerk", heißt es auf dem Transparent vor dem "Krefelder Hof". Im Vier-Sterne-Superior-Hotel präsentieren sich zum Ende der Einwendungsfrist gegen den Genehmigungsantrag der "Trianel Kohlekraftwerk Krefeld Projektgesellschaft" (TKK) wohlgemute Gegner des Vorhabens der Presse.

Sechs Wochen lang haben sie 3000 Antragsseiten durchgeackert und Überzeugungsarbeit bei Bürgern in Krefeld und Duisburg geleistet. 22233 Menschen, davon 11.500 aus Krefeld, erstaunlicherweise 1000 aus Aachen (Sitz Trianel) und sogar ein paar aus Peking haben als so genannte "Einwender" unterschrieben. Das Paket ist gestern Nachmittag dem zuständigen Dezernenten bei der Bezirksregierung übergeben worden.

"Die Bezirksregierung muss den Antrag zurückweisen", konstatiert Dirk Jansen, Landesgeschäftsleiter des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), "denn in allen Details haben wir grobe Rechtswidrigkeiten festgestellt".

Das Vorhaben der TKK stehe weder in Einklang mit den Vorgaben der Landes- und Regionalplanung noch mit der Bauleitplanung der Stadt Krefeld. Vor allem aber fehlt die Prüfung von Alternativen, auch hinsichtlich des Standortes. "Das aber ist unverzichtbar", so Jansen.

Dass es nicht nur um Dampf für den Chemiepark und Strom für viele geht, macht eine Kraftwerksgegnerin aus Duisburg deutlich: "Im Chemiepark sind 40 Hektar Freiflächen zu vermarkten. 18 Hektar braucht das Kraftwerk." Currenta verdiene am Grundstücksdeal.

"Wir sind jahrelang angelogen worden", sagt Ulrich Grubert (Krefeld) vom Niederrheinischen Umweltschutzverein (NUV). "Die Firma, die gerade die Gas-Pipeline nach Uerdingen verlegt, plant ein Gaskraftwerk. Das Argument der Arbeitsplatzgefährdung war eine Drohgebärde von Bayer."

Das Kohlekraftwerk mit einer Laufzeit von mindestens 40 Jahren sei "ein Unding für alle Klimaschutzziele", erklärt Philip Gauglitz (Greenpeace Aachen). Und: "Jedes Kohlekraftwerk zerstört Arbeitsplätze - in der Industrie für regenerative Energie".

BUND und Bürgerinitiativen möchten sich von den Mitarbeitern im Chemiepark "nicht als Industriefeinde oder Maschinenstürmer" verstanden wissen. "Wir sollten gemeinsam über Alternativen reden", so Kerstin Ciesla (BUND Duisburg).

Angesichts der ab dem Jahr 2013 durch den Emissionshandel deutlich teurer werdenden Kohle und "abbröckelnder" Energieversorgungsbetriebe (SWK-Vorstand Martin Cirener hat auch schon auf die Bremse getreten), prognostiziert Dirk Jansen Trianel "ein juristisches und finanzielles Fiasko".

Datteln lässt grüßen: "Eon schreibt die Verluste für das Kohlekraftwerk mal eben ab", sagt der BUND-Geschäftsleiter, "aber Trianel wäre gut beraten, den Antrag zurückziehen".

Der BUND, der derzeit ein Dutzend Verfahren gegen neue Kraftwerke führt, kündigt Klagen über alle Instanzen an. Jansen: "Möglicherweise werden wir sogar gegen drei Bescheide vorgehen müssen."

Ein Einzelkläger wird NUV-Vorstand Harald Jochums aus Uerdingen sein, dessen Haus rund ein Kilometer von geplanten Kraftswerkstandort entfernt steht. Hauseigentümer fürchten, dass der "Kraftwerks-Dino" den Wert ihrer Grundstücke mindert. Der Erörterungstermin für die Einwände ist am 20. September.