Allein unter Alten Weibern

Als Mann einmal Frau sein — wann ginge das besser als im Karneval? Die WZ hat sich aufgehübscht und unter die Narren gemischt.

Foto: Dirk Jochmann

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich: Du bist gleich mit einem Bus voller Frauen unterwegs, aber wir könnten alle deine Mutter sein“, scherzt Birgit Völlings und trägt mir etwas Glitzer auf die Wangen auf. Frauen, Männer und die Unterschiede zwischen ihnen sind mir heute völlig egal, denn ich verwandle mich von Lukas in Lucy. Meine Lippen glitzern Silber, meine Haare schimmern grau, ich trage ein schwarzes Gewand, habe einen Rock über meine Jeans gezogen. Meinen Kopf ziert ein schwarzer Fascinator — mit diesem Kopfschmuck würde ich locker für den Besuch des Wiener Opernballs durchgehen. An Altweiber ziehe ich so einen ganzen Tag mit den Aal Wievern los. Knapp fünfzig Damen wollen mit mir feiern, welche Ehre, und ich, Lucy, bin eine von ihnen. Beschützt wird unsere Gruppe von sieben Herren der KG Grönland.

Treffpunkt ist das Atelier von Gabriele Leigraf, die Anführerin der Möhnen. Kurze Lagebesprechung, dann sind wir Weiber bereit zu starten. Ein Bus steht bereit, um uns zu den verschiedenen Stationen zu bringen. Erster Halt: Königshofer Brauerei. Wir Alten sind Ehrengäste und werden als „Eisbrecher“ gefeiert. Zur Ankunft gibt’s erstmal ein Bierchen, dann ruft die Pflicht, das Publikum will unterhalten werden. „Gut gekühltes Königshofer, Königshofer gut gekühlt“, stimmen wir schunkelnd auf der Bühne an. Eine knappe Stunde belustigen wir die Anwesenden mit Liedern und unserer Gesellschaft. Ich ernte die ersten Komplimente: „Läuft bei dir Schätzchen!“ Mit Bier und Bratwurst im Bauch geht’s zurück in den Bus.

Altweiber im Diebels Fasskeller
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Auf dem Weg zur Sparkassenfiliale an der Friedrichstraße geht ein Kichern durch den Bus. „Gleich sehen wir unser Leckerchen“, höre ich jemanden sagen. Dann die Erklärung: „Hier treffen wir unseren Adonis. So charmant und gut aussehend, ein echter Frauenversteher.“ Da sind sich die Damen einig. Um wen es geht? Das bleibt unser Geheimnis. Was an Altweiber passiert, bleibt unter den Aal Wievers . . .

Bei der Sparkasse treffen wir zum ersten Mal auf die rumänische Kindertanzgruppe aus Siebenbürgen, die uns von da an zu jeder Station begleitet. Hier zeigen sie traditionelle Volkstänze sowie einstudierte Tänze zu deutscher Karnevalsmusik. Begleitet werden sie dabei von Clara Szabo und ihrem Mann Siegfried „Siggi“ Busch, die die Leitung und Organisation der Volkstanzgruppe inne-haben. „Eine schöne Sache dieser kulturelle Austausch. Tolle Idee, das in den Karneval einfließen zu lassen“, findet Brigitte Wolters, die schon viele Male als Möhne unterwegs war.

Altweiber in Krefeld - die schönsten Bilder vom Rathaussturm
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Die nächste Fahrt ist kurz, es geht wieder zur Sparkasse, aber diesmal zur Filiale am Ostwall. Da ist viel mehr Platz. Perfekt für weitere Tanzeinlagen von den Kindern aus Siebenbürgen. Auch hier sind die Angestellten der Sparkasse verkleidet, haben Essen und Trinken bereitgestellt. Man sieht viele Piraten und Piratinnen und eine Gruppe Männer in Schottenröcken. Es wird geschunkelt und gelacht. Das Finale ist eine schier endlose Polonaise.

Nächster Halt: Festzelt Uerdingen. Diese Station ist bei den Damen nicht ganz so beliebt. „Da sind immer so betrunkene Blagen, bei denen man schon sieht, wie der Tag endet“, sagt Ulrike Gracin. „Uerdingen ist nicht unser Glanzauftritt“, berichtet auch Elisabeth Verholen. Tatsächlich sind viele junge Leute im Zelt, die sich nicht allzu sehr für das Bühnengeschehen interessieren. Davon lassen wir Alte Weiber uns allerdings nicht verunsichern.

Altweiber in Krefeld - die schönsten Bilder
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Jetzt wird es aber Zeit für ein ordentliches Mittagessen und diesbezüglich genießen die Stadtwerke Krefeld einen ausgezeichneten Ruf. „Heiße Suppe und Fingerfood aus der hauseigenen Kantine“, schwärmt Leigraf. Auch bei den SWK feiert wieder die gesamte Belegschaft mit. Man sieht Pantomimen und eine bunte Kostümmischung.

Zeitsprung, 16.11 Uhr, wir stürmen das Rathaus. Oberbürgermeister Frank Meyer macht auf starken Mann in seinem Zorro-Kostüm, doch gegen uns Möhnen und die Trinas aus Hüls ist er machtlos. Tanja Küsters, auch bekannt als die Nachtigall vom Niederrhein und die musikalische Frontfrau der „Aal Wiever“, stimmt das Alte-Weiber-Lied an.

Wir zwingen Meyer mit den jungen Tänzern aus Siebenburgen zu „Höppe, Höppe“ zu tanzen, das ist unser spezielles Altweiber-Fitnessprogramm. Dann setzen wir uns in Bewegung, durchschreiten die Tür, die Stadt gehört nun uns . . . Ein Tränchen verdrücken wir trotzdem dabei und wünschen Prinzessin Sabine I., die krankheitsbedingt nicht mitfeiern kann, gute Besserung!