Gastronomie- und Event-Meile Ein Güterwaggon für den Großmarkt

Krefeld · Von einer Gin-Tonic-Bar über Gazelle-Werkstatt bis hin zu Service-Point für Fahrradtouren ist in dem alten Eisenbahnwagen ab September alles denkbar.

Fritz von Maltzahn, Stefan Heines, Felix Hakes und Martin Kern (v.l.) wollen mit dem Güterwaggon ein neues Highlight auf dem Großmarkt schaffen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Nicht nur der neue Gazelle-Store auf dem Großmarkt nimmt immer mehr Fahrt auf, sondern auch die Kreativität der Betreiber. „Als wir beim Umbau des Gebäudes die alten Gleisen vor der Tür sahen, kam sofort der Gedanke hoch: die müssen mit irgend etwas gefüllt werden“, erzählt Stefan Heines, der als Schreiner und Messebauer gerne räumlich denkt. Zu alten Gleisen gehört ein Güter-Waggon. Wie der Zufall es so will: Auf einer seiner Radtouren während des Lockdowns hat er in Korschenbroich auf einem Privatgrundstück einen noch gut erhaltenen Wagen der ehemaligen Linner Hafenbahn entdeckt. „Der gehört hier hin“, schoss es ihm durch den Kopf. Im April hat er ihn gekauft.

In Absprache mit dem Zentralen Gebäudemanagement der Stadt hat er die kleine Parzelle mit den Schienen zusätzlich angemietet und Konstruktionspläne für den Waggon nebst Nutzung vorgelegt. Unterstützt wird er darin von Martin Kern von Reginerate und Fritz von Maltzahn, der nicht nur wie Kern ein Gin-Fan ist, sondern auch Pralinen herstellt und die „Freischwimmer“ im Stadtbad Neusser Straße unterstützt. Die beiden wollen mit Hilfe von Heines in vier Wochen den Güter-Waggon so herrichten, dass sie dort Anfang September ihre „Pop up Gin- und Tonic-Bar“ eröffnen können.

Die Gleise in den Gassen sind heute noch zum Teil vorhanden

In den drei Gassen des Städtischen Großmarktes an der Oppumer Straße sind die Gleise zum Teil heute noch zu sehen. Als er 1927 gegründet wurde, sorgten drei Gleise mit drei Weicheneinheiten von insgesamt 662 Meter Länge dafür, dass die Krefelder neben dem Angebot der hiesigen Bauern mit ausreichend Obst und Gemüse zu möglichst günstigen Preisen versorgt werden konnten. Fast 100 Jahre später hat sich das Angebot in den Gassen gewandelt.

Obst und Gemüse kommen inzwischen in den zahlreichen Lokalen zubereitet auf den Tisch und als Ware ist dort von Frischprodukten über Kamine und Möbel bis hin zu neuerdings Gazelle-Fahrrädern alles zu kriegen. Stefan Heines ist begeistert von dem alten Flair des Großmarktes.

Gemeinsam mit Felix Hakes als Geschäftsführer hat er dort am 9. März die Fahrrad Trend GmbH eröffnet. Auf einer Fläche von 1200 Quadratmetern werden über 450 Räder, von Touren- über Trekking- und Tour Populair, hier ausgestellt. Eine Licht durchflutete Halle, Räder soweit das Auge blickt. Eine aufgezeichnete Straße für eine Probefahrt. Auch eine Fachwerkstatt und ein Café sind vorhanden. Fünf Tage später jedoch folgte die Zwangsschließung wegen der Corona-Pandemie. Beide waren sehr erleichtert, als sie unter Vorsichtsmaßnahmen wieder öffnen durften.

Auch wenn die Gefahr von SARS-Cov-2 noch nicht gebannt ist, schaut Heines zuversichtlich nach vorne. Als im vergangenen Jahr sein erstes Gazelle-Geschäft in Mönchengladbach vollständig ausbrannte, machte er sich zügig auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten. Schon vorher hatte er als Schreiner und Ladenbauer für Gazelle gearbeitet und im vergangenen Jahr dann die Idee umgesetzt, mit Gazelle Shops ein zweites berufliches Standbein zu schaffen. 
„Über 20 Immobilien habe ich mir angeguckt, der Großmarkt war immer schon mein Traum“, sagt Heines. Als er dann auf einer Vermietungsplattform im Internet das Gebäude A1 auf dem Großmarkt entdeckt, in dem Gastronomie ebenso möglich sei wie Einzelhandel, hat er sich für die Immobilie beworben. „Es gab 60 bis 70 Anfragen, doch das Gazelle-Konzept ist ideal und hat alle überzeugt“, sagt er zufrieden.

Der Waggon ist für verschiedene Nutzungen geeignet

In dem ausgebauten Güter-Waggon können er, Hakes, Kern und von Malzahn sich allerhand Angebote mit Gastronomie- und Erlebnis-Charakter vorstellen. Eine Gin-Bar ebenso wie eine Fahrrad-Sitzanalyse, eine kleine Reparatur-Werkstatt ebenso wie einen Service-Check-Bereich. Eine kleine Galerie kann dort ebenso für einen kürzeren Zeitraum Domizil finden, wie ein Ort für kleine Wohnzimmer-Konzerte.

Auch kann sich Kern gut vorstellen, Vertretern von Krefelds Partnerstadt Venlo vor dem Gazelle-Shop die Möglichkeiten zu geben, für Fahrrad-Touren nach Venlo zu werben. „Unser Gedanke ist, unser Angebot mit anderen Gewerken zusammen zu schmeißen, und zu schauen und auszuprobieren, wie alle davon profitieren können“, erklärt Heines. Der Betreiber der italienischen Trattoria da Bruno kann sich vorstellen, den Waggon für kleinere geschlossene Gesellschaften zu nutzen. „Dadurch eröffnen wir den Gastronomen die Möglichkeit, auch die Rückseite ihrer Lokale zu beleben“, sagt Heines. Das ist auch ganz im Sinne der Stadt, die alle drei Gassen wieder beleben möchte.