Anzeige gegen Helios Hüls
Ärzte sollen mehr als 24 Stunden am Stück arbeiten — so der Vorwurf. Die Bezirksregierung prüft Nachweise.
Krefeld. Am 20. Juni verunglückte eine 56-jährige Ärztin der Helios-Klinik Hüls tödlich. Nach einer 24-Stunden-Schicht war sie auf dem Nachhauseweg nach Meerbusch auf der Nieper Straße mit einem Mercedes zusammengestoßen.
Bei der Bezirksregierung Düsseldorf ging eine anonyme Anzeige gegen die Helios- Klinik Hüls ein. Der Vorwurf: Die Arbeitsbelastung sei zu hoch, die Dienste sollen demnach länger als 24 Stunden dauern — vor allem an den Wochenenden.
Die Klinik-Geschäftsführung musste daraufhin die Arbeitszeitnachweise für die Monate April bis Juni für alle Ärzte — derzeit knapp 30 — einreichen. „Zurzeit erfolgt die Auswertung dieser Nachweise“, sagt Bernd Hamacher, Sprecher der Bezirksregierung Düsseldorf.
Auf den Vorwurf angesprochen, sagte Marina Dorsch, Sprecherin der beiden Krefelder Helios-Krankenhäuser, am Freitag gegenüber der WZ: „Wir können uns zu laufenden Verfahren nicht äußern.“ Allerdings erklärte sie weiter, dass Bereitschaftsdienste eine in Krankenhäusern verankerte Praxis seien. Heißt: An die normale Arbeitszeit von acht Stunden kann sich ein 15,5-Stunden-Bereitschaftsdienst anschließen.
„Im Durchschnitt beträgt die Einsatzzeit im Bereitschaftsdienst aber maximal 49 Prozent“, sagt Dorsch. Die restliche Zeit sei eine Ruhephase, für die auch Schlafmöglichkeiten zur Verfügung stehen. An Werktagen dauert die Dienstzeit in Hüls von 9 bis 9 Uhr des Folgetages.
Der Verfasser eines anonymen Schreibens, das unserer Zeitung vorliegt, behauptet allerdings, die verunglückte Ärztin habe eine Arbeitszeit von 26,5 Stunden hinter sich gehabt. Der Unfall in Verberg — rund zehn Autominuten von Hüls entfernt — ereignete sich um 11.40 Uhr. Mehr als zwei Stunden nach offiziellem Dienstschluss.
Die Obduktion des Leichnams Ende Juni hatte ergeben, dass die Ärztin nicht an einer akuten Erkrankung — beispielsweise einem Herzinfarkt — gestorben war. Ob sie möglicherweise kurz einschlief, sei reine Spekulation, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Schreiber damals der WZ. Ausgeschlossen werden konnte ein Sekundenschlaf jedoch nicht.
Auch ein Assistenzarzt aus Krefeld, der nicht namentlich genannt werden möchte, bestätigt, dass die Arbeitsbelastung in Krankenhäusern die Grenzen oftmals sprengt. „In meiner letzten Schicht habe ich von 13 Uhr bis 3.15 Uhr am Folgetag durchgearbeitet.“ Im Bereitschaftsdienst einfach das Stethoskop fallen lassen, weil eine Ruhephase ansteht — „Das geht natürlich nicht.“ Und wenn kurz vor Schichtende ein Notfall kommt, wird er behandelt, egal, ob 24 Stunden vorbei sind. Das Arbeitssystem hakt, das sei klar. „Jeder Busfahrer muss nach drei Stunden eine Pause machen.“
Ob sich in der Helios-Klinik Hüls etwas ändern muss, wird sich nach Auswertung der Arbeitszeitnachweise zeigen. „Das Thema Arbeitszeit wird umfassend mit den Verantwortlichen erörtert“, kündigt Bernd Hamacher an.