2600 Kilometer Auf dem Jakobsweg mit dem Elektrofahrrad
Der Krefelder Ulrich Grubert hat mit seiner Lebensgefährtin Claudine Lybaert den Jakobsweg auf dem Elektrofahrrad bewältigt.
Krefeld. Für Claudine Lybaert und Ulrich Grubert war es eine ganz besondere Reise: Sie bewältigen auf dem Elektrorad 2600 Kilometer zwischen Bad Cadzand in den Niederlanden und Santiago de Compostela. Der Krefelder und die Genterin machten sich mit Solarmodul, Batterie, Campingutensilien und einer kleinen Urne im Gepäck auf den Jakobsweg. Lybarts verstorbener Vater, der in seinem Leben mehr als 12 000 Kilometer gepilgert war, wollte in Santiago beerdigt werden. „Zweimal sind wir fast umgekehrt“, sagt Ulrich Grubert über die Reise„aber unser Auftrag hat uns vorangetrieben.“
Von Bad Cadzand ging es durch Frankreich und auf dem spanischen Camino del Norte zum Ziel. „Wir haben Unterstützung zugeschaltet, wenn es berghoch ging“, erzählt Grubert. Selbst wenn keine Berge im Weg waren, waren immer wieder Hügel oder holprige Wege zu bewältigen. „Manchmal war ich so erschöpft, dass ich dachte, es ginge nicht weiter.“
Im Norden Spaniens planten die beiden Radfahrer schließlich um: Statt 1000 Meter Höhenunterschied in den Pyrenäen zu erklimmen, wählten sie den Weg entlang der spanischen Atlantikküste. „Die Landschaft ist ein Traum“, sagt Grubert schwärmerisch.
Das Wetter war es nicht immer. „Einmal kamen wir total durchnässt auf einem Campingplatz an“, erzählt er. „Der Betreiber hatte solches Mitleid mit uns, dass er uns seine Trinkhalle überließ, ein karges Betonhäuschen. Darin haben wir dann unser Zelt aufgebaut, alles getrocknet und waren überglücklich.“ 65 Kilometer legte das Paar im Schnitt am Tag zurück. „Wir sind maximal 85 Kilometer und Minimum drei Meter gefahren“, sagt Grubert.
Drei Meter — das war dieser Tag im französischen Aulnay: Die Stimmung war im Keller, keine anderen Gäste in der Herberge, auch am nächsten Morgen noch trübe Laune. Bereits im Aufbruch begriffen, traf das Paar sozusagen vor der Haustür diesen protestantischen Geistlichen, einen ehemaligen Immobilienmakler aus Deutschland. Das Paar blieb. „24 Stunden in seiner Gesellschaft, in seinem Haus und an seinem Tisch veränderten alles“, schildert Grubert diese eindrucksvolle Begegnung.
Ähnliche Erlebnisse gab es — in anderer Weise — auch in Spanien. „Wir hatten uns verfahren und landeten um 15 Uhr dort, wo wir um 11.30 Uhr schon waren.“ Doch daraus ergab sich Gutes: Eine Frau lud sie spontan zum Essen ein, und auch hier blieb das Paar bis zum nächsten Morgen. „Sie hatte keine Pension, beherbergte aber immer mal wieder gestrandete Pilger.“
Diese Idee hat Grubert und seine Partnerin nicht mehr losgelassen: In Gent bieten sie jetzt selbst vier Pilgern eine einfache Übernachtungsmöglichkeit an.
„Pilger bilden schnell eine Gemeinschaft“, sagt Grubert, und erzählt lächelnd von einer Herberge im spanischen Guernica, in der er und zwölf weitere Gäste zwar offene Türen, aber keinen Wirt fanden. „Wir haben irgendwann bei der Polizei angerufen, Bescheid gesagt — und uns dann einfach selbst versorgt.“ Zum Frühstück am nächsten Morgen tauchte der Wirt wie selbstverständlich auf. Über den Vorabend und seine eigenständigen Gäste verlor er kein Wort.
Viele Reisende interessierten sich für Ulrich Gruberts Elektrobike-Eigenkonstruktion. Die Photovoltaik ließ ihn nicht im Stich: Selbst wenn es bedeckt und bewölkt war, bekam die Batterie neuen Saft. „Nur wenn es aus Kübeln gegossen hat, funktionierte das nicht.“ Mit der Leistung des Moduls konnte Grubert zudem Rasierapparat, Handy und Kamera aufladen. Und es rettete ihn bei einem Zusammenstoß mit einem Auto. „Ausgerechnet an diesem Tag hatte ich das Solarmodul auf dem Gepäckträger befestigt“, sagt Grubert. Es war der perfekte Puffer — und überstand den Crash.
In strömendem Regen kamen Ulrich Grubert und Claudine Lybaert mit ihren Elektrofahrrädern in Santiago de Compostela an, nach acht Kilometern durch die Niederlande, 160 Kilometern durch Belgien, 1535 Kilometern durch Frankreich und 897 Kilometern durch Spanien.
In einer Mauerritze in Santiago haben sie die Urne mit der Asche des Vaters zurückgelassen. Es ist ein schöner Platz, nicht nur für Pilger: Der Blick fällt über Rasen direkt auf die Kathedrale von Santiago de Compostela.