Bach als Anlass für Jazz-Improvisationen
Warmherzig und gut eingespielt: Mit dem Dieter Ilg Trio endete der dritte Krefelder Jazzherbst im Rittersaal der Burg Linn.
Jazz und Bach? Da fällt den meisten Fans der französische Pianist Jacques Loussier ein, der mit seinem Trio Werke des großen Barockkomponisten mit einem Swing-Rhythmus unterlegte und so „verjazzte“. Ältere Krefelder erinnern sich vielleicht daran, dass Loussier im noch fast frisch eingeweihten Seidenweberhaus Ende der 1970er Jahre gastierte. 40 Jahre später kam jetzt wieder ein Jazztrio nach Krefeld, das Bach-Werke im Gepäck hatte. Das Dieter Ilg Trio schloss im Rittersaal der Burg Linn den dritten Krefelder Jazzherbst des Jazzklubs Krefeld mit einem Bach-Abend ab.
Der Leiter dieses Pianotrios ist einmal nicht der Pianist, sondern der Mann am Kontrabass. Der im badischen Offenburg 1962 geborene Dieter Ilg wird als Ausnahmeinstrumentalist gerühmt. Von seiner Virtuosität konnte man sich auch im Rittersaal leicht überzeugen. Ilg hat sich für CD-Veröffentlichungen seines Trios schon mit Verdi, Beethoven und Wagner auseinandergesetzt. Nun war Bach unter dem Titel „B-A-C-H“ an der Reihe.
Bearbeitungen der Goldberg-Variationen zogen sich wie ein roter Faden durch den Abend. Dazu gab es Stückchen aus dem Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann Bach. Auch ein Werk aus dem Wohltemperierten Klavier durfte nicht fehlen. Als Zugabe erklang „Air“, nach Ilg das „wohl berühmteste Bach-Werk“. Das Publikum schmolz noch einmal dahin. Ilgs Arrangements nehmen Bach zum Anlass und erschöpfen sich nicht darin, brav den Notentext des großen Komponisten zu variieren. Die Themen bleiben erkennbar. Aber improvisiert wird dann auch schon einmal über ein eingefügtes Ostinato.
Das Ergebnis ist oftmals ein gelungenes Wechselspiel zwischen Ferne und Nähe zu Bach, das beim sehr guten Pianisten Rainer Böhm am sinnfälligsten zum Ausdruck kommt. Eben noch hat er manchmal auch ein wenig zu statisch den barocken Gestus kopiert. Dann lässt er auf einmal die Rechte in schnellen Läufen brillieren und scheut dabei auch nicht davor zurück, was für den Jazzer eigentlich Alltag, aber in der Auseinandersetzung mit Bach vielleicht auch eine große Herausforderung ist. Mit akkordfremden Tönen bricht er das eherne Harmoniegefüge ein wenig auf und sorgt so für spannende Reibungen.
Im Zentrum des Trios steht Ilg nicht nur auf der Bühne, sondern auch im akustischen Konzept des Trios. Vor der Pause war er dafür ein wenig zu leise abgemischt. Nach der Pause hörte man ihn besser.
Er liefert das unaufhaltsame Schreiten, das sich mit den Klangwolken des Pianos manchmal auch zu einem Schweben vereint. Bei seinen Soli überzeugt Ilg mit ungewöhnlich großer Geläufigkeit über die ganze Länge des Kontrabasshalses.
Patrice Heral am Schlagzeug spielte überwiegend binär. Nur ganz selten swingte er einmal. Sein Spiel blieb stets rhythmisch gebunden, verdichtete sich aber kaum einmal zu einem durchgehenden Muster. So umspielte er oft das Material seiner Kollegen so leichtfüßig wie farben- und akzent-reich und lieferte seinen ganz eigenen Beitrag, der über eine bloße Begleitung weit hinausging.
Am Ende viel Applaus für das gut aufeinander eingespielte Trio und seine warmherzige Musik.