Bombennacht: Burg Linn stellt Krefelder Kriegstagebuch vor

Krefeld. Ohne die deutsche Gründlichkeit und straffe Bürokratie wäre die kleine Sonderausstellung in der Gedenkhalle auf Burg Linn so nicht zustande gekommen. Anlass ist zwar der 70. Jahrestag des großen Luftangriffes auf Krefeld in der Nacht des 21. auf den 22. Juni 1943, doch im Mittelpunkt dieser Schau steht das „Kriegstagebuch des Luftschutzortes 1. Ordnung Krefeld“.

Die Stadt war damals in vier Luftschutzzonen — ähnlich den Polizeirevieren — aufgeteilt. Nach jedem Angriff in den Jahren 1940 und 1941 wurde durch die Polizei akribisch genau dokumentiert, wie viele Bomben wo abgeworfen worden waren und welche Ziele sie getroffen hatten. Grafiken zeigen die Bombenmengen, die bis 1943 auf Krefeld niedergingen. Das Ausmaß an Zerstörung wurde außerdem durch 370 Fotos dokumentiert. „Schließlich wollten die Nationalsozialisten nach einem gewonnenen Krieg den Verlierern eine Schadensbilanz in Rechnung stellen und Reparationsleistungen fordern“, erklärt Ingrid Schupetta, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle.

Schon in den ersten Kriegsjahren war die Samt- und Seidenstadt Angriffsziel der alliierten Flugverbände. Aus Sicht der Briten zählte Krefeld ebenso wie Aachen, Wuppertal oder Mönchengladbach zur „Ruhr area“ (Ruhrgebiet). Diverse Unternehmen wie die Edelstahlwerke, die IG Farben in Uerdingen oder die Kunstseide AG in Linn produzierten Kriegsgüter. Außerdem verliefen wichtige Eisenbahnlinien durch die Stadt.

Bis 1941 flogen nur kleine Verbände der Alliierten Angriffe im Rheinland. Selten waren es mehr als 100 Flugzeuge, die meistens in der Nacht ihre Bombenfracht abwarfen. In London setzten die Verantwortlichen — darunter Winston Churchill und sein deutschstämmiger Sonderberater Samuel Lindemann — aber darauf, den Willen und Kampfgeist der Deutschen durch Bomben zu brechen.

Nach dem großen Angriff auf Köln am 30./31. Mai 1942 mit den verheerenden Folgen wird klar, dass die Briten mit ihrer neuen Taktik erfolgreich sind. Jetzt steht im Rheinland das „Area bombing“, also ein Flächenbombardement mit neuen Bomben, im Vordergrund.

Die Zahl der Nächte, in denen Menschen Schutz und Bunkern und Luftschutzräumen suchen, steigt. Auch das ist im Kriegstagebuch dokumentiert. In roten Zahlen werden die Plätze in den Luftschutzräumen aufgelistet. „1944 gab es etwa 80 000 Plätze bei damals 150 000 Einwohnern“, erläutert Burkhard Ostrowski von der NS-Dokumentationsstelle.

Die deutliche Zerstörung der deutschen Großstädte ist aber Anfang der 1940er-Jahre unübersehbar. In Krefeld macht ein erster großer Luftangriff am 2. Oktober 1942 den Menschen deutlich, dass ihnen noch eine schwere Zeit bevorsteht.