Bombennacht: Schaudern im Luftschutzraum
Die Schüler der 9. Klassen des MSM-Gymnasiums besuchen im Rahmen des Geschichtskurses die Villa Merländer.
Krefeld. Die Projektarbeiten im Fach Geschichte sind fast fertig. Der Abgabetermin naht. Die Schüler der 9. Klassen des Maria-Sibylla-Merian-Gymnasiums haben für ihre Arbeiten Zeitzeugen zu der Krefelder Bombennacht vor 70 Jahren interviewt. Jetzt sind noch Fragen offen: Gab es im Juni 1943 noch Juden in Krefeld und wie lebten sie, als die Bomben fielen?
Sechs Schülerinnen suchen die Antwort in der Villa Merländer. „Die Hälfte der etwa 1400 bis 1600 Juden wanderte vor Kriegsbeginn aus“, erklärt Ingrid Schupetta, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle. „Nach Ausbruch des Krieges war es ihnen nicht mehr möglich, Krefeld zu verlassen.“
Am Beispiel des ehemaligen Villenbesitzers Richard Merländer beschreibt Schupetta ein jüdisches Leben während des Krieges in Krefeld. „Richard Merländer wurde 1874 geboren. Er wollte in Krefeld seinen Ruhestand verbringen und nicht weggehen.“
Doch mit dem letzten Deportationszug, der Krefeld im Juli 1942 verließ, wurden alle Juden, die älter als 65 Jahre waren, nach Theresienstadt gebracht. „Sammelpunkt war der Schlachthof in Düsseldorf“, sagt Ingrid Schupetta. „Der Ort ließ keine Hoffnung aufkommen.“
Im September 1942 kam Richard Merländer ins Vernichtungslager Treblinka, wo er kurz darauf umgebracht wurde. „Es gab im Juni 1943 nur noch ganz wenige Juden in Krefeld“, berichtet Ingrid Schupetta den Schülerinnen. „In Mischehen lebten sie vor Verfolgung geschützt. Erst im September 1944 wurden die jüdischen Partner aus Mischehen deportiert.“
Offiziell durften Juden bei Bombenalarm nicht mit anderen Deutschen in den Luftschutzkeller. In der Villa Merländer befindet sich ein Nachbau eines solchen Kellers. Den wollen Nele, Leonie, Sina, Anna, Paula und Kira natürlich sehen. Im Vorraum stapeln sich Gläser mit eingemachtem Obst und Gemüse in den Regalen. „Die stammen nicht aus dem Krieg“, sagt Schupetta. „Aber 40 Jahre sind die Konserven schon alt.“
Im Luftschutzraum hängt eine Hausapotheke an der Wand. Ein Etagenbett, zwei Klappstühle und eine Kerze gehören zur Einrichtung. Wichtige Informationen liefert ein Radio, der Jute-Rucksack ist gepackt. „Und was ist hinter dem Vorhang?“, fragen die Schülerinnen. „Dort steht ein Eimer für die Notdurft“, antwortet Ingrid Schupetta. „Wie peinlich!“, entfährt es den Mädchen.