Bundesdrogenbeauftragte in Krefeld: „Illegale Drogen sind nicht das größte Problem“

Bei der Caritas informierte sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans.

Krefeld. Was dürfen Kommunen von einer Drogenbeauftragten der Bundesregierung erwarten? Nicht besonders viel: Ein paar neue Programme, aber kein Geld für deren Umsetzung — und wohl auch keine erfolgreiche Einflussnahme auf den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen.

Denn die Kassen zahlen vieles nicht, was in der Suchtmedizin engagierte Ärzte für nötig halten — etwa die stationäre Behandlung von schwerkranken tabakabhängigen Patienten oder immer mehr jungen Menschen mit Psychosen nach Cannabis- und gleichzeitigem Amphetamin-Konsum.

„Das größte Problem liegt nicht im Bereich der illegalen Drogen“, sagt die Kasseler FDP-Bundestagsabgeordnete Mechthild Dyckmans (60), seit 2009 Drogenbeauftragte der Bundesregierung am Mittwoch bei ihrem Besuch in der Caritas-Beratungsstelle an der Südstraße auf Einladung der CDU-Fraktion. Vorrangig sei der unkontrollierte Gebrauch von Medikamenten und Alkohol. Hinzu komme eine wachsende Zahl von Online-Spielsüchtigen.

Immer mehr Menschen — das ist die Erfahrung Krefelder Ärzte, wie dem Leiter der Alexianer-Suchtklinik, Dr. Helmut Eich, müssen doppelt therapiert werden, weil es eine zweite oder gar dritte Abhängigkeit gibt. „Der Heroinkonsument von heute nimmt nicht nur Heroin.“

Zunehmend wird sich — auch in Krefeld — die Gesellschaft mit der Sucht im Alter befassen müssen. Hier arbeitet Dyckmans an einem Programm für die Betreuung von älteren Abhängigen, die man in Pflegeheimen herkömmlicher Art nicht unterbringen kann.

Ute Kaber, Leiterin der Caritas-Suchtberatung, wies die Drogenbeauftragte darauf hin, dass man „nicht auf jedes Modell aufspringen“ kann: Denn die Resourcen — Personal und Geld — seien unverändert geblieben, die Aufgaben gewachsen. Man bemühe sich bereits, in Krefeld eine vernünftige Versorgung für die „Sucht im Alter“ zu installieren.

Die ständige Debatte um die offene Szene auf dem Theaterplatz geht Caritas-Geschäftsführer Hans-Georg Liegener ganz offensichtlich auf die Nerven: „Das ist der sichtbare Ort — aber er ist nur ein winziger Teil der Krefelder Drogenproblematik“.

Nach Erkenntnissen von Ute Kaber hat sich die früher dort angesiedelte Szene der Opiatabhängigen zersplittert. „Unsere Streetworker mussten sie regelrecht aufspüren. An sechs Stellen im Stadtgebiet hat man die „Klienten“ vom Theaterplatz gefunden — etwa an der Hauptpost, am Kaiser-Wilhelm-Museum, an der Lutherkirche oder in der Tiefgarage des Behnisch-Hauses.

Da spielt sicher auch die Brutalität von osteuropäischen Dealern und Konsumenten eine Rolle, die sich zunehmend auf dem Theaterplatz breit machen.

Angesichts der zahlreichen Kinder, die bei alkoholabhängigen Eltern aufwachsen, appellierte die Drogenbeauftragte an Erzieher und Lehrer, darauf zu achten, ob ein Kind erkennbar Hilfe braucht. Auch in die Krefelder Beratungsstelle an der Südstraße sind die ratsuchenden Trinker eine Minderheit.