Das ewige Damoklesschwert
Die Stadt müsste ortsübliche Mieten verlangen, tut es aber nicht — aus gutem Grund.
Krefeld. In Zeiten des Nothaushalts ist der Kämmerer auf jeden Euro angewiesen. Eigentlich. Dass es Ausnahmen gibt, zeigen die Mieten in stadteigenen Immobilien. Deren Höhe entspricht in vielen Fällen nicht dem ortsüblichen Niveau. Jährlich verzichtet die Stadt auf Mehreinnahmen von knapp 200 000 Euro.
Zum Jahreswechsel wäre also eine kräftige Anhebung fällig gewesen. So hat es jedenfalls der Rat mit der Sparliste beschlossen. Eigentlich. Wie eine Umfrage der WZ zeigt, schreckt die Verwaltung davor jedoch zurück.
„Wir haben von der Stadt nichts gehört“, bestätigt Dieter Hofmann. Der Chef des Stadtsportbundes weiß, dass die Vereine höhere Mieten fürchten. „Viele Sportanlagen werden nur durch ehrenamtliche Arbeit der Vereine in Ordnung gehalten. Da wären Mieterhöhungen kontraproduktiv“, so Hofmann.
Klar geäußert haben sich auch die freien Kulturträger in der Stadt. Für viele würde es schlicht das Aus bedeuten, wenn die Stadt plötzlich einige zehntausend Euro Miete pro Jahre verlangt. Insofern sind die Verantwortlichen im Werkhaus oder im Theater am Marienplatz (TAM) froh, dass die Sache vorerst ruht und sie nichts von der Stadt gehört haben. „Für uns ist das ein Damoklesschwert“, sagt Pit Therre, Hausherr im TAM.
Auch Peter M. Heeser von der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) empfindet die angedrohte Mieterhöhung als „ewigen Unsicherheitsfaktor“. „Wir fürchten seit Monaten, dass etwas Konkretes auf die GKK zukommt“, sagt Heeser. „Aber für uns klar: Eine Miete wäre unbezahlbar. Wir haben ja keine Einnahmen.“
Neu ist die Diskussion nicht. Bereits im Haushaltssicherungskonzept (HSK) für den Doppeletat 2010/11 taucht der Punkt „Erhebung angemessener Mieten für städtische Räumlichkeiten“ auf. Umgesetzt wurde er bislang nicht. Ändern sollte sich das mit dem Doppelhaushalt 2013/14. Dort heißt es, dass die subventionierten Mieten in städtischen Immobilien in drei Schritten erhöht werden. Start sollte 2014 sein, so dass ab 2016 marktübliche Mieten zu zahlen sind.
Da die Bezirksregierung den Haushalt 2013/14 nicht genehmigt hat, ist der Druck auf den Kämmerer, die Einnahmen der Stadtkasse zu erhöhen, weiter gestiegen. Trotzdem bewegt sich bei den Mieten nichts.
Nach den Gründen befragt, teilt das Presseamt mit: „Das Thema ist komplex und wurde an die Fachverwaltung gegeben, um für jeden Einzelfall eine Prüfung vorzunehmen.“ Auf dieser Basis solle dann jeweils ein Vorschlag für die politische Beratung erarbeitet werden. In der Sparliste sieht das konkreter aus. Dort wurden bereits für 2014 Mehreinnahmen durch ortsübliche Mieten von 70 000 Euro verbucht.
Nach WZ-Informationen hat die Verwaltung in einem Fall tatsächlich eine höhere Miete durchgesetzt — bei den Pappköpp. Weil der Mietvertrag für das städtische Gebäude an der Peter-Lauten-Straße auslief, war dort eine neue Regelung zwingend. Laut Manfred Coelen zahlt das Marionettentheater seit Jahresbeginn 30 Prozent mehr. „Damit sind wir zufrieden“, sagt Coelen.
Zunächst sollte die Jahreskaltmiete auf 12 000 Euro verdoppelt werden. Das war aus Sicht der Pappköpp indiskutabel. „Schließlich haben wir in Eigenleistung aus einer Turnhalle ein schönes Theater gemacht.“