Kulturelles Leben Jüdisches Leben hat viele Facetten

Krefeld · Eine aktive neue Internetseite stellt Menschen aus Krefeld, Viersen und Mönchengladbach vor, die Architektur, Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft in den drei Städten prägten. Die reichhaltige jüdische Kultur bis heute steht im Mittelpunkt.

Die Bürgermeister von Krefeld, Viersen und Mönchengladbach haben gemeinsam mit Mitarbeitern der NS-Dokumentationsstelle das Internetprojekt vorgestellt.

Foto: Andreas Bischof

Am 17. März beginnt das Purimfest. „Juden in aller Welt feiern freudig das Leben“, erklären Sabine Anemüller Bürgermeisterin der Stadt Viersen, und Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld. Das Purimfest erinnert Jüdinnen und Juden an Königin Esther, die das jüdische Volk vor der Vernichtung in der persischen Diaspora bewahrte. Nicht zufällig fällt in diese Woche die Vorstellung  des neuen Internetprojekts „Jüdischer Niederrhein“ im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.

„Nicht nur hier in Krefeld wird das Judentum oftmals nur auf sein Schicksal von 1933 bis 1945 reduziert“, sagt Oberbürgermeister Frank Meyer.  Das sei wichtig für den Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus und als Mahnung für kommende Generationen. Gleichzeitig seien die Juden aber nicht nur Opfer, sondern auch ein wundervolles Kulturvolk und heute ein fester lebendiger Bestandteil der deutschen Gesellschaft. „Mit dem Internetprojekt haben wir die Chance genutzt, anzuknüpfen an das moderne, bunte jüdische Leben“, sagt Sandra Franz.

Jüdische Leben kommt im Unterricht bislang kaum vor

In den Schulen sei festzustellen, dass das jüdische Leben im Unterricht nicht vorkomme, außer in Erinnerung an den Holocaust (oder auch Shoah) im Politik-Unterricht.  Viel zu wenig, das dem 1700 Jahre alten  jüdischen Leben in Deutschland nicht annähernd gerecht wird. „Es ist eine bunte und diverse Kultur, die sehr viele Facetten hat“, steht auf der neuen Internetseite zu lesen.

Unter den Rubriken Architektur, Gesellschaft und Wirtschaft wird jüdisches Leben  am Niederrhein, unterteilt in die Städte Krefeld, Mönchengladbach und Viersen, vorgestellt. Nicht nur Vergangenes, sondern auch Heutiges.  „Gezeigt werden hier jüdische Menschen als agierende Personen, Menschen, die mitten in der Gesellschaft lebten und Träume und Ziele hatten. Wir haben hier also ein ganz anderes Bild als die Verfolgten, die vor allem als passive Opfer wahrgenommen werden“, so Sandra Franz. 

Welcher Krefelder kennt nicht das an der Hoch-/Ecke Rheinstraße stehende abgerundete  Gebäude mit dem Schuhhaus Grüterich. Ursprünglich war dort das Schuhhaus Hirsch ansässig, das Meta Hirsch kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme „zu ungünstigen Konditionen  an den Schutzhändler Gustav Grüterich  und seine Geschäftspartnerin Klara Klauser verkaufen musste“.  Somit war das Schuhhaus Hirsch eines der ersten arisierten Geschäfte in Krefeld. Nur eine von vielen persönlichen Geschichten aus Wirtschaft, Architektur und Gesellschaft.

Zusätzlich wurde didaktisches Workshop-Material erarbeitet, das in der Bildungsarbeit in der Zusammenarbeit mit der Internetseite genutzt werden kann. „Zielgruppe sind zunächst Schüler ab 14 Jahren“, erzählt Annabel Prey, Projektmitarbeiterin der NS-Dokumentationsstelle. Gut zu nutzen sei dafür ein Padlet (Anmerkung der Redaktion: eine digitale Pinnwand, wie sie in Schulen genutzt wird). Bilder, Videos, Links, Sprachaufnahmen seien darauf von allen speicherbar. Anhand von Arbeitsmappen können Schüler gemeinsam die Internetseite und ihre verschiedenen Bereiche kennenlernen und die Themen durcharbeiten – und lernen so gleichzeitig sehr viel über das jüdische Leben am Niederrhein. Doch auch interessierte Einzelpersonen wie auch Menschen und Institutionen mit Forschungsinteresse werden aufgrund der zahlreichen Details, Quellen und Verlinkung zu  „jewish places“ fündig.