Wald Die „Bedränger“ werden gefällt

Weil die Stadt weniger Bäume fällt als erlaubt, wächst der Krefelder Wald. Krankheit oder Nachwuchs sind Gründe für die Eingriffe.

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Krefeld. Massive Baumfällungen, Freiflächen mit Baumstümpfen und meterlang aufgeschichtete Baumstämme am Wegrand: Es ist ein Bild, das viele Krefelder ängstigt und um den Fortbestand des Waldes fürchten lässt. Zu Unrecht, sagt Arno Schönfeld-Simon.

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„In Krefeld steht die Erholung an erster Stelle“, erklärt der Stadtförster. Daran orientiere sich auch die Waldwirtschaft. „Wir handeln nicht nach dem Kahlschlagprinzip, sondern betreiben eine naturnahe Waldwirtschaft.“ Das, so betont der Förster, bedeute jedoch nicht, dass nicht in den Bestand eingegriffen werde. Im Gegenteil: Das sei notwendig für einen gesunden Wald. Auf einer Fläche sollten „junge und alte, dicke und dünne Bäume stehen, wie eine Großfamilie“. Bäume werden gefällt, um Licht, Luft und Platz für die Entwicklung zu schaffen.

Im sogenannten Forsteinrichtungswerk, 2017 neu aufgelegt, sind die Aufgaben der Waldarbeiter aufgelistet. Jeder Quadratmeter Wald ist erfasst, in Abteilungen, Unterabteilungen und Flächen gegliedert, Holzmenge, Holzvorrat und -zuwachs sind dokumentiert.

„6000 Festmeter Holz wachsen in den Krefelder Wäldern jährlich nach“, erläutert Arno Schönfeld-Simon. „Von 3800 Festmetern, die wir nutzen dürften, nutzen wir höchstens 2800.“ Weil auf diese Weise über viele Jahre weniger Bäume gefällt wurden als erlaubt, habe Krefeld jetzt eine ausgeglichene Bilanz: Wunsch und Wirklichkeit stimmen aus Sicht der Experten im Kommunalwald überein.

Arno Schönfeld-Simon, Stadtförster

39 Baumarten wachsen in den städtischen Wäldern, eine sehr hohe Zahl, wie Schönfeld-Simon betont. Aber es fehlt oft der stufige Aufbau. Die Einfahrt zur Rennbahn ist für diesen Waldaufbau ein Beispiel. Auf 3,3 Hektar wurden Rotbuchen gefällt, um Platz und Licht für eine zweite Baumschicht zu schaffen. „Wir müssen für die verbleibenden Bäume Licht für Wurzelbildung und Wachstum schaffen. Das ist die Baumgeneration der Zukunft. Wenn wir nichts tun, kippt irgendwann alles um, und dann ist ein Kahlschlag unausweichlich.“ Viele Waldbäume werden einzeln herausgenommen. Es sind kranke Exemplare, aber auch gesunde. „Die Bedränger kommen raus.“

Stileichen und Roteichen bilden ein Viertel des Bestands, haben aber im Hülser Bruch, im Stadtwald und im Forstwald Probleme. Pilze greifen sie an und gefährden die Standsicherheit. „Forstwald und Stadtwald müssen langfristig umgebaut werden“, sagt Arno Schönfeld-Simon. Einzeln und flächig würden die Bäume entnommen. „Nicht alle Eichenbäume werden in Frage gestellt, aber alle alten“, erläutert der Förster.

Wie das stellenweise aussehen kann, können Spaziergänger in den nächsten Tagen im Stadtwald sehen: Auf 3000 Quadratmetern werden die Roteichen rund um den Deuß-Tempel gefällt. Auch sie sind nicht mehr standsicher. Ein Exemplar, das vor etwa einem Monat umgefallen war, hatte die Fachabteilung alarmiert: Der Baum habe kaum noch Haltewurzeln gehabt, erzählt Schönfeld-Simon.

Krefelds Stadtförster vergleicht seine Arbeit mit der eines Zahnarztes: Zuerst gebe es Löcher, aber nach einiger Zeit habe der Patient wieder ein schönes Gebiss. Der Forstwald dient ihm als Beispiel: Dort sind zuletzt viele Roteichen gefällt und der Buchenbestand durchforstet worden, um jungen Bäumen eine Chance zu geben. „In drei Jahren steht dort wieder ein wunderschöner Wald.“

Um die entstandenen Freiflächen zu schonen, hat man sie mit Ästen abgedeckt. „Der Forstwald steht unter einem ungeheuren Druck durch Spaziergänger, Pferde, Fahrradfahrer, aber die Fläche muss zur Ruhe kommen.“ Hält das natürliche Hindernis die Besucher nicht zurück, müsse man darüber nachdenken, die Fläche einzuzäunen.