Ein neuer Ort für Begegnungen
Unter dem Dach der Pauluskirche treffen sich Deutsche und Geflüchtete zum Reden, Kochen, Kickerspielen.
Inrath. Draußen nasskaltes Herbstwetter. Drinnen, im Jugendraum an der Pauluskirche, herrscht Wärme — auch im übertragenen Sinn. Etwa 20 Leute sitzen an den Tischen, andere spielen am Kicker. Die meisten von ihnen sind Flüchtlinge, junge wie alte, Frauen, Männer und Kinder aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan. Viele sind anerkannt, andere aber nur geduldet. Jeder von ihnen hat eine lange Geschichte zu erzählen. Von Vertreibung und dem Aufbruch in ein neues Leben.
Martina Deselaers, Vorsitzende des Vereins Helfende Hände, über das neue Begegnungscafé
Auf dem Tresen steht Pflaumenkuchen. Dazu gibt’s Kaffee, Kekse, Trauben und Apfelsinen. Der Verein „Helfende Hände Krefeld“ um die Vorsitzende Martina Deselaers hat zur Eröffnung eingeladen. Der Raum wird umgewidmet zum „Begegnungscafé Grenzenlos“, zumindest einmal pro Woche, donnerstags von 16 bis 19 Uhr. Hier sollen sie zueinander finden. Hier sollen Gräben zugeschüttet, Vorbehalte abgebaut werden. Über Geflüchtete, auch über Deutsche. Ein erster Schritt, findet Deselaers: „Wir wollen es hier familiär haben, Unterstützung geben, irgendwann auch mal zusammen kochen, backen, vielleicht auch zusammen Formulare ausfüllen. Es geht aber vor allem um den Kontakt untereinander.“
Kein Ereignis hat in den vergangenen Jahren mehr polarisiert als die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Das weiß auch Martina Deselaers. Auch in der Gemeinde der Pauluskirche gebe es Gegner. Doch die Vorsitzende will sich ihren guten Willen nicht zerreden lassen: „Es ist doch die beste Gelegenheit, Vorurteile abzubauen. Jeder wird sehen, dass das hier nette Leute sind. So ist Integration möglich, vielleicht auch beim Kaffeeklatsch. Integration ist keine Sache für ein halbes Jahr. Ich habe vom Kirchenvorstand die Unterstützung.“
Khaled Hajouz kommt dazu. Gerade hat er noch am Kickertisch gespielt. Der heute 20-Jährige ist 2015 mit seiner Familie aus Syrien nach Deutschland gekommen. Er besucht die Berufsschule Vera Beckers, gehört dort zu den besten Schülern seiner Klasse, will den Hauptschulabschluss machen, später mal etwas „Richtung Gesundheit“. Einen Praktikumsplatz hat er bei einem Zahnarzt gefunden. Der junge Mann ist höflich, gibt sich im Gespräch viel Mühe. Er will es in Deutschland schaffen, das spürt man. Und da wäre ja auch noch seine „deutsche Mutter“. Er zeigt dabei auf Petra Engelbertz, ebenfalls bei den „Helfenden Händen“ im Vorstand aktiv. Drei Jahre darf er noch bleiben, dann muss Hajouz einen neuen Antrag stellen.
Reem Hajjar sitzt in einer Gruppe am Tisch. Man kennt sich im „Café Grenzenlos“. Viele Fremde sind zur Eröffnung nicht gekommen. Der Verein hat die Flüchtlinge eingeladen, die er kennt. Die 21-jährige Reem ist mit ihrem Mann aus Syrien geflohen. Ihr Vater, ein Arzt, lebt mit der Mutter in Saudi Arabien. Und die Deutschen? „In NRW sind sie nett und freundlich.“ Reem besucht Integrationskurse. Später will sie Architektur studieren. Man merkt: Die, die sich hier treffen, wollen etwas erreichen. Selbst Nachfragen auf Englisch beantworten sie auf Deutsch. Dass sich künftig aber noch mehr Geflüchtete im Jugendraum an der Pauluskirche einfinden, das würde wohl auch Martina Deselaers begrüßen.