Anschläge EU-Abgeordneter Florenz berichtet aus Brüssel

CDU-Europaabgeordneter aus Niep sieht Terrorismus-Ursache in der Wohlstandsschere zwischen dem Westen und dem Rest der Welt. „Ich habe nie gewusst, was das heißt: Totenstille. Bis heute."

Die Situation rund um das Europaparlament in Brüssel kurz nach den Anschlägen auf den Flughafen hat CDU-Europaabgeordneter Karl-Heinz-Florenz im Bild festgehalten.

Foto: Karl-Heinz Florenz

Krefeld. Karl-Heinz Florenz ist schlecht zu verstehen am Telefon. Das ist ungewöhnlich. Wer den Landwirt aus Niep kennt, diesen großen Mann mit der deutlichen Ansage, dieser Tonlage knapp am Bariton, der kann sich das kaum vorstellen. Florenz, der 68 Jahre alte Politrecke, steht Dienstagmittag unter den Eindrücken der schrecklichen Terroranschläge von Brüssel, direkt vor seiner Haustüre, wenige hundert Meter entfernt vom Parlament.

Die Situation rund um das Europaparlament in Brüssel kurz nach den Anschlägen auf den Flughafen hat CDU-Europaabgeordneter Karl-Heinz-Florenz im Bild festgehalten.

Foto: Karl-Heinz Florenz

Nachdenklich, geschockt, dazu pfeift der Wind über einen leeren Platz, Hintergrundgeräusche gibt es keine. „Ich habe nie gewusst, was das heißt: Totenstille. Bis heute. Ich stehe gerade mit meinem Mitarbeiter vor dem Europäischen Parlament, wir hören nur den Wind und die Fahnen.“

Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob der Regierungssitz der Europäischen Gemeinschaft, der diese feigen Anschläge galten, evakuiert werden muss. „Ob das so schlau ist, kann ich nicht sagen“, bekennt der CDU-Politiker.

„Dann stünden 3000 Menschen auf der Straße und wären wieder ein potenzielles Ziel. Aber wissen Sie was? Ich habe keine Angst, ich weiß nur, dass wir etwas tun müssen.“ Florenz ist seit 27 Jahren Mitglied des Europäischen Parlamentes, vertritt in der Europäischen Volkspartei, dem Bündnis der Christdemokraten, vier Niederrheinkreise und die kreisfreien Städte Mönchengladbach und Krefeld.

Florenz ist profilierter Umwelt-Politiker vor allem wiegt aber seine Erfahrung. „Ich bin hier mit am längsten dabei“, sagt er und braucht „Aber das habe ich noch nie erlebt“ gar nicht hinzuzufügen.

Sprachlos sei er, getroffen: „Klar hatte ich schon mitbekommen, dass irgendwas passiert sein muss, als Erstes sah ich dann 30 Militärfahrzeuge vor meiner Wohnung vorbeifahren, besetzt mit Kämpfern mit Sturmmasken. Das war furchtbar.“

Brüssel komme ihm vor wie „hermetisch abgeriegelt, alles ist weiträumig gesperrt, alles ist wie leer gefegt“. Und er fragt mehr rhetorisch: „Wann haben wir diesen Terrorismus bekommen?“ Dabei wirkt Florenz eher entschlossen als zornig.

„Ich habe am Dienstagmorgen vor Kollegen bereits das Wort ergriffen. Ich habe nichts dagegen, dass jetzt aus polizeilicher Sicht alles Notwendige veranlasst wird, um die Sicherheit zu gewährleisten, und auch nicht, dass mit aller notwendigen Härte durchgegriffen wird, aber wir müssen das Übel endlich politisch an der Wurzel packen.“

Das Wohlstandsgefälle zwischen dem Westen und dem Rest der Welt sei nicht zuletzt Ergebnis der eigenen Wirtschaftspolitik. Und am Ende Ursache des Terrorismus. „Ich komme gerade aus Jordanien.

Dort habe ich das UNO-Camp besucht, in dem 120 000 Menschen Platz finden könnten. Unsere Hilfe muss darauf abzielen, dass diese Menschen eine Chance haben, in ihrer Heimat zu bleiben und dort friedlich zu leben. Und das nicht in Armut.“