Fahrer vergisst Krefelderin im Transporter - Ermittlung wegen fahrlässiger Körperverletzung
Krefeld. Eine geistig behinderte Frau (52), die nach der Arbeit zu ihrer Familie nach Hause gefahren werden sollte, ist vom Fahrer des Transportwagens im Fahrzeug vergessen worden. Statt sie abzusetzen, fuhr der Mann nach Hause — und bemerkte die verwirrte Krefelderin erst, als er am nächsten Morgen wieder in sein Fahrzeug stieg.
Da hatte die Polizei bereits die gesamte Nacht nach der Frau gesucht.
Die 52-Jährige ist in einer Behindertenwerkstatt in Krefeld beschäftigt und sollte am Donnerstagnachmittag wie jeden Tag in dem Mercedes Vito nach Hause in den Krefelder Stadtteil Inrath gefahren werden. Als sie dort gegen 16 Uhr nicht ankam, schlugen Familienmitglieder Alarm, denn die 52-Jährige gilt als orientierungslos.
Die Polizei begann daraufhin mit einer großangelegten Suchaktion, in die auch ein Hubschrauber eingesetzt wurde, der bis in die Nacht hinein mit Suchscheinwerfern und einer Wärmebildkamera nach der Vermissten Ausschau hielt. „Wir haben natürlich auch den Fahrer befragt. Er sagte uns, dass er die Frau wie sonst auch aus seinem Wagen hat aussteigen lassen“, sagte ein Polizeisprecher unserer Zeitung.
Doch die Annahme des Mannes war offensichtlich ein Trugschluss. Denn als er am Freitagmorgen zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, saß dort die verängstigte 52-Jährige im Fahrgastraum. Sie muss dort nach Auskunft ihrer Angehörigen gut 14 Stunden verbracht haben — zum Glück herrschten in dieser Nacht keine Minusgrade. „Sie hatte sich nach unseren Erkenntnissen abgeschnallt und hingelegt — deshalb hatte der Fahrer sie nicht gesehen.“ Da der Fahrer den Beamten versichert hatte, die 52-Jährige abgesetzt zu haben, lag der Transporter selbst freilich nicht mehr im Fokus der Polizei. Vermutlich konnte die Frau zudem aufgrund ihrer Behinderung nicht auf sich aufmerksam machen. Sie wurde in die Obhut ihrer Familie übergeben. Die brachte sie wegen einer leichten Unterkühlung zum Arzt. „Die Familie ist sehr aufgebracht“, so der Polizeisprecher.
Die Polizei prüfte am Freitag, welche strafrechtlichen Konsequenzen der Vorfall für den Fahrer haben wird. „Wir gehen von einer fahrlässigen Körperverletzung aus“, hieß es von der Krefelder Polizei. Bis zum Nachmittag konnte der Mann allerdings noch nicht weiter dazu befragt werden — er war telefonisch nicht zu erreichen und soll nun vorgeladen werden. „Das geschieht erst im Januar. Für uns ist im Moment wichtig, dass die Vermisste gefunden ist und es ihr gut geht“, sagt der Sprecher. Welche dienstrechtlichen Konsequenzen den Fahrer erwarten, ist zurzeit noch unklar.
Was in Krefeld geschah, ist kein Einzelfall: In Bremen hatte vor drei Jahren ein Mitarbeiter ein behindertes Mädchen (8) in einem Kleinbus vergessen. Es musste dort ebenfalls die ganze Nacht ausharren, bei Eiseskälte. Der Mann wurde fristlos entlassen.