FDP schießt über das Ziel hinaus

Heftige Kritik von anderen Ratsfraktionen und Verwaltung zu namentlicher Spekulation über die Nachfolge von Gregor Micus.

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Es ist eine kleine spitze Anfrage, wie sie die Krefelder Liberalen mit ihrem Vorsitzenden Joachim C. Heitmann gern an die Stadtverwaltung richten. Die FDP wähnt hinter der Besetzung der Kinderarmut-Koordinatorenstelle durch den scheidenden Schuldezernenten Gregor Micus ein zu großzügig bezahltes Versorgungspöstchen. Doch diese Anfrage hat eine zusätzliche Qualität. Heitmann spekuliert öffentlich, dass Micus der vorzeitige Abschied schmackhaft gemacht wird, damit er den Platz für seinen Nachfolger, den Jugendamtsleiter Markus Schön, räumt, auf den sich die politische Mehrheit im Rat nach Aussage der FDP bereits heimlich verständigt habe. Das Problem: Besagte Dezernentenstelle ist bundesweit ausgeschrieben, die Bewerbungsfrist läuft bis zum 9. März.

Für die anderen Ratsfraktionen ist damit eine rote Linie überschritten. CDU-Fraktionsvorsitzender Philibert Reuters erklärt: „Nur Menschen mit der Gabe der Prophetie können also heute schon wissen, wer es wird. Nach Sichtung der Bewerbungen wird eine Fin- dungskommission potenziell geeignete Damen und Herren präsentieren. Dann finden Vorstellungsgespräche statt. Zum Abschluss wird es Präsentationen in den Fraktionen geben. Hierüber wird es sicher einen regen Austausch mit möglichen Mehrheitspartnern geben.“

Der SPD fehlt jegliches Verständnis: „Heitmann versucht augenscheinlich, die 5. Jahreszeit zu verlängern. Die Mitteilung der FDP kann ich nur als verspäteten und dazu noch schlechten Witz verstehen“, sagt Fraktionschef Benedikt Winzen. „Herr Heitmann hat vergessen, dass Dezernenten vom Rat der Stadt Krefeld gewählt werden. Schon vor Ende der Bewerbungsfrist von einer Verständigung zu sprechen und auch noch Personen zu benennen, ist unredlich.“ Winzen rätsele, ob Heitmann wisse, wie „guter Ton“ buchstabiert werde.

Ähnlich klingt das bei den Grünen. Heidi Matthias sagt: „Unsere Fraktion ist einigermaßen erstaunt, dass bereits vor Ablauf der Ausschreibungsfrist der Dezernent für Bildung, Jugend, Sport, Migration und Integration feststehen soll. Wie auf der Website der Stadt Krefeld zu lesen ist, können sich noch bis zum 9. März potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten um das Amt bewerben. Insofern gehen wir davon aus, dass das Auswahlverfahren erst noch stattfinden wird. Die öffentliche Verkündung eines vermeintlich schon feststehenden Kandidaten schadet dem Verfahren, allen Beteiligten und nicht zuletzt dem Ansehen der Stadt Krefeld.“

Die Antwort auf Heitmanns Anfrage fällt seitens der Stadt ziemlich deutlich aus. Oberbürgermeister Frank Meyer wolle alle gesellschaftlichen Kräfte bündeln, um die Lebenssituation von Kindern in dieser Stadt zu verbessern, heißt es. Er sei zutiefst davon überzeugt, dass nur so eines der größten gesellschaftspolitischen Probleme der Zeit, die Kinderarmut, erfolgreich zu bekämpfen sei. Die Stadtverwaltung lade auch die FDP ein, die Arbeit gegen Kinderarmut und die Initiative „Krefeld für Kinder“ engagiert zu unterstützen. Allerdings sei das Thema Kinderarmut aus Sicht der Stadtverwaltung Kinderarmut nicht geeignet, damit „Politik“ zu machen.

Micus habe bereits im Mai des vergangenen Jahres bekannt gegeben, aus gesundheitlichen Gründen, vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden zu wollen. „Der Wert eines Koordinators im Format von Gregor Micus ist aus Sicht der Verwaltungsleitung unschätzbar für die Initiative.“ Es sei anzuerkennen, dass sich Gregor Micus für diese neue Aufgabe im Rahmen seiner Möglichkeiten zur Verfügung stelle. „Bei der Vorstellung des neuen Koordinators ist offen dargestellt worden, dass Gregor Micus für diese Aufgabe eine stundenweise Dotierung erhalten wird.“ Die kritische Bewertung der Person Gregor Micus durch die FDP auf Basis von Mutmaßungen — unmittelbar vor dessen offizieller Verabschiedung am 1. März — bewerte die Verwaltungsleitung „mindestens als schlechten Stil“.

Die Spekulationen über Micus Nachfolge und eine angebliche Vorfestlegung seien nachweislich falsch. Ausschließlich der Rat bestimme über das Wahlamt und zu dem gehöre auch die FDP. „Öffentliche Personalspekulationen schaden nach Überzeugung der Verwaltung der Reputation der Stadt, erschweren die Auswahl von qualifiziertem Personal und beschädigen mögliche Bewerber.“