Sozialarbeit Hilfe für Kinder von Süchtigen
Die Söhne und Töchter von Drogenkonsumenten haben ein hohes Risiko, später selber zu erkranken. Ute Kaber und ihr Team unterstützen Mütter und junge Eltern.
Krefeld. Sie werden bei den Hilfen im Suchtbereich häufig vergessen: die Kinder der Drogenabhängigen. Während ihre Mütter oder auch beide Elternteile mit der täglichen Beschaffung von Drogen und ihrer Sucht klar zu kommen versuchen, müssen sich ihre Kinder oftmals mit dem unberechenbarem Verhalten des Süchtigen, desolaten Verhältnissen, emotionaler und körperlicher Vernachlässigung bis hin zu Gewalt arrangieren.
„Wir brauchen Sozialarbeit, die schon bei den Kindern der Abhängigen ansetzt“, sagt Beigeordneter Thomas Visser, zuständig für die Bereiche Gesundheit, Sport, Umwelt und Grünflächen , am Rande der Diskussion über den Verbleib der Drogenszene auf dem Theaterplatz. Inzwischen sind dort häufiger auch Kinder in Begleitung zu entdecken.
„Wir wissen, dass diese Jungen und Mädchen einem hohen Risiko ausgesetzt sind und ohne Hilfe später selber süchtig oder psychisch krank werden können“, sagt Ute Kaber, Leiterin der Alkohol- und Drogenhilfe der Caritas Krefeld.
26 Jahre lang ist es her, dass in den Räumen an der Südstraße 43 für Kinder von Suchtmittelabhängigen eine eigene Gruppe angeboten wurde. Aber nicht lange. „Wir sind nicht für die Arbeit mit Kindern ausgebildet, sondern für die mit Erwachsenen“, sagt Kaber. Inzwischen kämen einige der Kinder von damals, inzwischen selbst suchtmittelabhängig — als Klienten in die Beratungsstelle.
Diplom-Pädagogin Marion Jendges arbeitet deshalb überwiegend mit den Müttern, teils aber auch mit beiden Elternteilen, um sie für die Bedürfnisse ihrer Kinder zu sensibilisieren. „Viele von ihnen sind überzeugt, selber eine gute Mutter oder gute Eltern zu sein“, sagt Kaber, ohne dass sie tatsächlich wüssten, was ihre Kinder brauchen. Zum Beispiel Zuneigung, einen regelmäßigen verlässlichen Alltag, Unterstützung und unbelastete Momente.
Hilfen im familiären Alltag könnten die Drogenabhängigen zwar auch beim Jugendamt bekommen. „Sie scheuen aber den Weg dorthin, weil sie Angst haben, ihre Kinder zu verlieren“, sagt Kaber. Den Mitarbeitern der Beratungsstelle hingegen vertrauten die Klienten.
„Dabei gelten auch bei uns bestimmte Spielregeln“, ergänzt Jendges. Beispielsweise: Offenheit gegenüber dem Jugendamt. Beim ersten Beratungsgespräch werde nach möglichen Kindern und deren Alter gefragt und eine Schweigepflichtsentbindung verlangt. Gemeinsam suche man dann nach Lösungen bei Problemen. „Wenn wir jedoch den Eindruck haben, dass ein Kind in seinem Umfeld gefährdet ist, verlassen wir die neutrale Rolle und geben mit Wissen unserer Klienten die Information weiter an die städtische Jugendhilfe“, sagt Kaber. Das Wohl des Kindes stehe immer ganz oben an. Dennoch ist die Hilfe der Beratungsstelle aus finanziellen Gründen begrenzt.
Ob und wie lange Kinder überhaupt in einer Familie mit Suchterkrankung leben sollten, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Erst seit etwa zehn Jahren rückt die Gruppe der Kinder von Abhängigen in den Fokus der Sozialarbeit. Seither ist bekannt, dass die Kinder vor allem unter psychischen Folgen leiden. Das können Ängste, Depressionen, mangelndes Selbstwertgefühl bis hin zu Persönlichkeitsstörungen, eigene Suchtprobleme und Suizidversuche sein.
Wie viele Kinder allein in Krefeld in einer Familie mit einem opiatabhängigen Familienteil wohnen, ist nicht bekannt. Kaber schätzt die Zahl auf 60 bis 80. Deutschlandweit sind es rund 60 000 Kinder. Im Vergleich: In Deutschland haben fünf bis sechs Millionen Kinder unter 20 Jahren mindestens einen alkoholabhängigen Vater oder Mutter. „Sie sind ebenso gefährdet, später suchtabhängig zu werden.“