Flüchtlinge Keine Zukunft in Krefeld?

Der Asylantrag der Flüchtlingsfamilie Kamal Ali wurde vor einem Jahr abgelehnt.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Den Kamal Alis ging es im Nordirak gut. Der Vater, Karzan Kamal Ali, arbeitete als Immobilienmakler und konnte so ein gutes Einkommen nach Hause bringen. Die Familie lebte in den Bergen Kurdistans und konnte sich frei bewegen. Bis zu dem Tag, an dem Einschusslöcher an der Wand ihres Wohnhauses die Bedrohung verdeutlichten, unter denen die Familie stand: Karzan Kamal Ali hat inoffiziell für eine Sicherheitsbehörde gearbeitet und wurde offiziell als „Gegner des IS“ auf Facebook angeprangert.

Ein anstrengendes und kräftezehrendes Jahr liegt hinter der Familie, die mittlerweile nicht mehr in der Flüchtlingsunterkunft lebt, sondern eine eigene Wohnung gefunden hat. Darüber ist besonders Karzan Kamal Ali sehr glücklich, denn aufgrund enormer Rückenprobleme wurde das Schlafen auf dem Boden in dem 30 Quadratmeter großen Raum, den die Fünf bewohnten zu einer wahren Tortur: „Jetzt geht es meinem Rücken wieder etwas besser“, erklärt der Familienvater. Dass er trotzdem mit vielen anderen körperlichen und auch psychischen Leiden zu kämpfen hat, erwähnt er nur nebenbei. Die Familie ist froh, dass sie überhaupt in Deutschland sein kann. In einem Land, in dem sie nicht vom Islamischen Staat bedroht und verfolgt wird.

Trotzdem ist die Zukunft der Familie noch ungewiss: Ihr Asylantrag wurde abgelehnt und seitdem warten die Kamal Alis auf ihr zweites Interview. Bis dahin können sie keinen Integrationskurs besuchen, was vor allem der Mutter, Razaw Ahmad Mahmood, zu schaffen macht: „Im Irak habe ich 18 Jahre lang als Lehrerin gearbeitet. Ich habe meinen Beruf geliebt“, sagt die Irakerin in gebrochenem Deutsch. Seit fünf Monaten arbeitet Ahmad Mahmood jetzt in einem Restaurant in der Küche. Immerhin etwas, denn die Familie möchte sich engagieren: „Wir möchten etwas zurückgeben dafür, dass wir hier sein dürfen“, erklärt Razwa Ahmad Mahmood.

Für die drei Kinder ist die Situation ebenfalls alles andere als einfach. Für die neun- und zehnjährigen Jungen, Barin und Bahand, die auf die Grundschule gehen, war der Anfang in Deutschland sehr schwierig: „Noch zu Ostern gab es Vorbehalte, ob die beiden nach den Sommerferien versetzt werden“, erzählt Martin Cremers, der sich beim Krefelder Verein „Helfende Hände“ ehrenamtlich engagiert und die Kamal Alis seit über einem Jahr begleitet. Mit viel Hilfe der Ehrenamtler haben die beiden jüngsten Familienmitglieder noch die Kurve bekommen.

Auch für den 16-jährigen Shazy war es kein einfaches Jahr. Er ist in die Integrationsklasse einer Realschule gekommen und musste erstmal Deutsch lernen, um sich in dem fremden Land zurecht zu finden. Mittlerweile spricht der Jugendliche sehr gut Deutsch und hofft, dass er nächstes Jahr seinen Abschluss machen kann: „Ich würde entweder gerne etwas im technischen Bereich machen oder Tierarzt werden“, erklärt der 16-Jährige. Der Familienvater, Karzan Kamal Ali, versucht auch sein Bestes, um sich in der neuen Heimat einzufinden. Freitags und samstags arbeitet er ehrenamtlich bei der Initiative „Das tägliche Brot“.

An den restlichen Tagen nimmt er an einer berufsbegleitenden Maßnahme teil, im Zuge derer er zurzeit ein Praktikum in einer Glaserei macht. Eine Arbeit, die leider keine Perspektive hat, wie Cremer anmerkt: „Seine Hände sind total verstümmelt, da ist die Arbeit leider zum Scheitern verurteil.“ Trotzdem gibt der engagierte Familienvater nicht auf. Er beschwert sich nicht und versucht sich zurecht zu finden, mit der Hoffnung, dass das neue Land irgendwann zur neuen Heimat seiner Familie wird.