Krefeld Kinder aus Fenster geworfen: Hüls steht unter Schock
Eine Mutter soll ihre drei Kinder aus dem zweiten Obergeschoss in die Tiefe gestürzt haben. Die Tat macht Nachbarn fassungslos.
Krefeld. Sie fahren vorbei auf ihren Fahrrädern. Sie biegen bewusst von der Klever Straße in den Mannshofweg ein. Langsam drehen sich die Köpfe der Menschen in Richtung der ehemaligen Gaststätte. Die Blicke wandern über den Boden, dann hoch zu dem rechten Fenster im zweiten Stockwerk. „Mein Gott ist das schrecklich“, sagt ein Mann, der gebannt auf die Fassade des Wohnhauses starrt. Obwohl keiner der Passanten dabei war, wissen es alle: Genau aus diesem Fenster soll eine 33-jährige Mutter mitten in der Nacht ihre drei kleinen Kinder in die Tiefe gestoßen oder geworfen haben.
In Windeseile verbreitete sich am Montagmorgen die Nachricht der schrecklichen Tat in Hüls. Fotos tauchen im Netz von dem Wohnhaus mit dem Schriftzug Hüls-Nord auf. Die Spurensicherung ist dabei, die Wohnung nach Beweismaterial zu durchsuchen. Journalisten beziehen vor dem Haus Stellung. Ein Übertragungswagen ist vor Ort. Hüls blickt gebannt auf die gespenstische Szenerie. Keiner mag so richtig über das reden, was gegen 4.45 Uhr in dem am Montagvormittag so ruhig daliegenden Haus geschah. „Ich kann mir das nicht erklären, die Mutter ist mit den Kindern immer gut umgegangen“, sagt ein Anwohner.
Seit vier oder fünf Jahren würde die Familie bereits in der Dachgeschosswohnung an der Klever Straße leben. „Auch wenn die Eltern getrennt waren, gab es nie Streit. Nicht mal an ein lautes Wort kann ich mich erinnern“, sagt ein älterer Mann, der eine Lagerhalle neben der Wohnung der 33-jährigen Anna P. angemietet hat. „Ich wollte dem Sohn zu Weihnachten noch eine Blechtrommel schenken, das hatte ich mir fest vorgenommen“, sagt er mit Tränen in den Augen.
Das Spielzeug der Kinder steht auf der Rückseite des Wohnhauses. Neben einem Bagger sind ein Traktor und ein Bobby-Car geparkt. Daneben das Auto der Mutter. Alles wirkt nur kurz abgestellt. Als würde die Familie gleich wiederkommen. Doch die Kinder liegen mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Prognosen, ob sie überleben oder wieder vollkommen gesund werden, gibt es nicht. Die Mutter wird auf Anordnung der Staatsanwaltschaft heute entweder in U-Haft gehen oder in eine Psychiatrie eingewiesen.
Die 33-Jährige könnte an einer psychiatrischen Erkrankung leiden. Ehemalige Arbeitskollegen aus einer Bäckerei am Hülser Markt berichten, dass die Frau oftmals verwirrt gewirkt hätte. „Sie hat zwei bis drei Monate bei uns gearbeitet, dann musste sie gehen, weil sie sich so komisch verhielt“, erklären Mitarbeiter der Bäckerei. Eine so unfassbare Tat hätten sie ihr aber niemals zugetraut.
Auch direkte Nachbarn der 33-Jährigen sprechen von der Frau als liebevolle Mutter. „Dem Anschein nach zumindest“, sagt eine Frau. Sie richtig weiß keiner, wer die Frau ist. „Man hat sich halt gesehen und gegrüßt, aber sonst nicht viel Zeit miteinander verbracht“, berichtet eine Frau. Trotzdem hätten die Nachbarn gemerkt, dass sich im Verhalten der Frau in den vergangenen acht Wochen etwas verändert habe. Aber warum, kann keiner sagen. „Irgendwas war, aber ich weiß nicht was“, sagt der Mieter der Lagerhalle.
Manche Anwohner wollen vor der Tat einen Streit „von zwei Erwachsenen“ vernommen haben. Die Staatsanwaltschaft besitzt aber keinerlei Hinweise darauf, dass ein Streit der Auslöser für die Tat gewesen sein könnte. „Nach unseren Ermittlungen war die Frau in der Nacht alleine mit den Kindern im Haus. Erkenntnisse über einen Streit haben wir nicht“, berichtet Staatsanwalt Thomas Pelka.
Die Tat wirft viele weitere Fragen auf. Die Ermittler werden versuchen, durch Befragungen des Vaters und den Einsatz eines Psychiaters Antworten zu erhalten.
Oberstaatsanwalt Axel Stahl gab am Montag zu dem Vorfall in Hüls eine Stellungnahme ab, in der er die Tat als „tragisches Ereignis“ bezeichnete. Das Video zur Stellungnahme: