Düsseldorfer Kom(m)ödchen Von Helikopter-Eltern und ihren Utopien

Krefeld · Das Ensemble des Düsseldorfer Kom(m)ödchens gastiert mit viel Spiellust und Humor in der vollen Kulturfabrik.

Das Ensemble des Düsseldorfer Kom(m)ödchen begeisterte die Besucher in der ausverkaufen Kulturfabrik.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Aufgabe erscheint so einfach: Vier Eltern treffen sich im Klassenzimmer, um eine Abiturrede für ihre hoffnungsvollen Sprösslinge zu schreiben. Doch dort prallen derart unterschiedliche Charaktere aufeinander, die von der Zukunft ihres Nachwuchses völlig andere Vorstellungen haben. Von nun an menschelt es innerhalb der Ensemble-Mitglieder des Düsseldorfer Kom(m)ödchens von bissig über komisch bis lustig. Mit vielen Rollenwechseln, Songs und ungebremster Spiellust vergehen die zweieinhalb Stunden auf der Bühne der pickepacke vollen Kulturfabrik wie im Flug.

Gelungene Mischung aus politischem Theater und Kabarett

Das Stück „Irgendwas mit Menschen“ ist eine gelungene Mischung aus politischem Theater und gespieltem Kabarett. Das Autoren-Trio Christian Ehring, Dietmar Jacobs und Martin Maier-Bode unter der Regie von Hans Holzbecher hat dem spielfreudigen Ensemble die Rollen auf den Leib geschrieben. Den weiblichen Part der Katharina als Helikopter-Mutter spielt Maike Kühl, die ihre aufgesetzte Coolness in Sorge um Tochter Fabienne allzu leicht verliert. Ehemann und „Riesenbaby“ Niels, gespielt von Daniel Graf, hängt liberalem Gedankengut nach und schwelgt gerne in Verschwörungstheorien. Martin-Meier-Bode gibt als friedensliebender Lehrer Rainer den „linksradikalen Zausel“. Vierter im Bund ist Gebrauchtwagenhändler Frank, den Rainer AfD-Autoschieber nennt. Heiko Seidel gibt den Macho überaus überzeugend. Für ihn scheint klar, dass sein Sohn seine Nachfolge als Gebrauchtwagenhändler antritt.

Höllenritt durchs deutsche Bildungssystem

Klar, dass diese so unterschiedlich angelegten starken Charaktere aufeinander krachen bei dem Vorhaben, eine gemeinsame Abi-Rede zu formulieren. Genüsslich und selbstironisch sezieren sie ihre eigenen Utopien und auch ihre eigenen Beziehungen. Geradezu spielerisch nehmen sie das deutsche Bildungssystem auseinander. In einer Kultusministerkonferenz melden sich die einzelnen Bundesländer – ähnlich wie bei der Konferenzschaltung im Radio an einem Bundesligaspieltag im Fußball. „Massiver Unterrichtsausfall an einer Gesamtschule“, tönt es aus Dortmund, „Schuldurchlässigkeit wie eine Stahlbetonwand“, überschlägt sich die Stimme aus Bayern. Mit „Nordkorea-Methoden“ mischt sich der Kommentator aus Leipzig ein. Der politische Höllenritt durchs deutsche Bildungssystem ist auch ein Déjà-vu für das begeisterte Publikum.

Die gewohnten Abstecher in die Politik lässt sich das Düsseldorfer Ensemble ohnehin nicht nehmen. So bekommt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek ihr Fett weg: „Was macht es schon, wenn man als Politiker keine Ahnung hat?“ Oder Theresa May, die „Premierministerin ohne Plan B im Körper einer frustrierten Grundschuldirektorin“. Da klingt es bei Außenminister Heiko Maas fast schon wie ein Lob, dass er in seine Konfirmationsanzüge allmählich reinzuwachsen scheint.

Doch es geht keineswegs nur politisch zu. Es wird auch ausgelassen geblödelt, es gibt Slapstick-Szenen und während des Abends wird kaum ein Klischee in Sachen Erziehung und Bildung ausgelassen. Das allerdings bekommen die versierten Darsteller so gut hin, dass „Irgendwas mit Menschen“ zwar entlarvend, aber sympathisch rüberkommt. Unter anderem mit Lokalkolorit: „Ich wollte raus aus Viersen, ab in die weite Welt – und bin in Neuss gelandet.“ Am Ende löst sich auch die Sorge um die verschwundenen Kinder auf, die zwischenzeitlich in Amsterdam auf die schiefe Bahn geraten schienen. In der Abi-Rede der Eltern setzt sich schließlich eher das Vertrauen in den eigenen Nachwuchs durch als der altväterliche Rat. Und das Publikum applaudiert stehend.