Schuldenfalle „Buy now pay later“: So gefährlich ist der Trend
Krefeld · Ein riskanter Trend ist auf dem Vormarsch: Erst online einkaufen, erst später bezahlen. In Krefeld werden Schüler sensibilisiert.
Bequem von der Couch aus die neusten Trends entdecken und sich neu einkleiden, ohne das Haus verlassen zu müssen, lockt viele zum Online-Shopping. Noch bequemer wird es dann, wenn man gar nicht erst bezahlen muss, sondern die Sachen zunächst einmal „gratis“ bestellen kann. Doch das solche Angebote, wie das „Buy now, pay later“-Prinzip, schnell zu Schulden führen können, wird vielen erst im Nachhinein bewusst. „Man denkt, man hätte genug Zeit zu zahlen. Doch am Ende verliert man den Überblick“, sagt Sergiu Thelen-Armean, Schuldner- und Insolvenzberater vom katholischen Verein für soziale Dienste in Krefeld (SKM). Gemeinsam mit Vertretern der Diakonie Krefeld und Viersen und dem Sozialdienst katholischer Frauen Krefeld (SkF) berät er im Rahmen der Woche der Schuldnerberatung die Schülerinnen und Schüler der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule.
Diese haben sich an diesem Dienstag gemeinsam mit ihren Lehrern vor dem Informationsstand der Dachverbände versammelt, um über Verschuldung und die damit verbundene Prävention aufgeklärt zu werden. Dafür haben die Berater verschiedene Materialien, wie zum Beispiel Quizkarten, Fallbeispiel und Infografiken, mitgebracht, um den Interessierten das Thema möglichst interaktiv nahe zu bringen. So konnten die Schüler beispielsweise an einem Glücksrad drehen und per Zufallsprinzip eine Frage rund um das Thema Schulden gestellt bekommen. „Wie können denn Schulden entstehen?“, fragt Anna-Lina Kerkemeyer vom SkF eine Schülerin. „Man hat vergessen zu zahlen“, antwortet die Schülerin und Kerkemeyer nickt. „Was bedeutet es, Schulden zu haben?“ und „An wen kann ich mich wenden, wenn ich Hilfe benötige?“ sind nur zwei der vielen Fragen, die von den Experten beantwortet werden.
Dass vergessene Kosten zu Problemen führen können, soll der Titel der Veranstaltung „Buy now, Inkasso later“ verdeutlichen. Immerhin würden sich viele Betroffene erst melden, wenn es schon zu spät ist und schlimmstenfalls der Haftbefehl vorliegt. „Vielen ist gar nicht bekannt, dass es so weit kommen kann. Deshalb müssen wir darüber berichten“, sagt Thelen-Armean. Den Jugendlichen ein gutes Präventionsangebot zu ermöglichen, sei gerade deshalb so wichtig, weil im Internet das Thema oft auf die leichte Schulter genommen werde und es fast schon ein Trend sei, über seine Schulden zu lachen. „Das tun sie nur, weil sie die Konsequenzen nicht kennen“, meint Thelen-Armean. „Ideal ist, dass gar nicht erst Schulden entstehen.“ Das Präventionsangebot richtet sich an alle Schüler ab der achten Klasse. Einen konkreten Grund für dieses Startalter gebe es nicht.
Hinweise auf falsche Daten sollen Käufer vor Betrug schützen
Um den Schülern zu zeigen worauf sie achten können und sollen, haben die Dachverbände unter anderem Bilder von falschen Internetseiten mitgebracht, auf denen die Schüler Fehler finden sollen. Dass ein berühmter Tennisspieler eine Fünf-Sterne-Bewertung für einen Fernseher abgeben hat, der von 600 Euro auf 300 Euro reduziert ist, kann ein Hinweis sein, dass die Seite nicht ganz seriös ist. „Man muss auch immer auf den Link der Seite achten“, erklärt Thelen-Armean den Interessierten und deutet auf die fehlerhaften Buchstaben.
Das Interesse der Schülerinnen und Schüler ist groß. „Wir sind regelrecht überrannt worden“, sagt Anna-Lina Kerkemeyer vom SkF. Aber nicht nur die Schülerschaft, sondern auch die Lehrkräfte hätten das Angebot laut ihr gut angenommen und sich Informationsmaterialien mitgenommen. Das sei laut Thelen-Armean nicht ungewöhnlich, denn die meisten Leute, die das Beratungsangebot annehmen, seien eher etwas älter. „Es ist für viele ein unangenehmes Thema“, meint der Schulden- und Insolvenzberater. Deshalb wolle man das Thema, so gut es geht, enttabuisieren.
Wichtig sei hierbei, dass sich vor allem Eltern ihrer Verantwortung bewusst werden und als gutes Vorbild vorangehen. Schließlich würden sie ihren Kindern den Umgang mit Geld vorleben, sagt Thelen-Armean. Doch was wären konkrete Maßnahmen, die Erziehungsberechtigte anwenden können? „Man sollte den Kindern ein angemessenes Taschengeld geben. Zudem sollten die Handyzeiten und die Handynutzung reguliert werden“, sagt der Fachmann. Immerhin bergen viele Handyspiele sogenannte „In-Game“-Käufe, bei denen die Kinder schnell Geld ausgeben könnten.
Dass eine Unterstützung der Eltern sinnvoll sei, findet auch Musik- und Deutschlehrer Christoph Busch. Für ihn sei eine Informationsveranstaltung, bei der die Eltern mit ins Boot geholt werden, sinnvoll, wenngleich auch das Interesse vorhanden sein muss.
Berater wünschen sich,
das Angebot auszubauen
„Es ist schön, dass wir Interesse wecken und viele in ein Gespräch wickeln konnten“, sagt Anna-Lina Kerkemeyer. Die Sozialarbeiterin freut sich über das Interesse und hofft, einen Impuls setzen zu können. „Wir wollen vor allem sensibilisieren, dass Schulden kein Tabuthema sind“, sagt sie. Auch Sergiu Thelen-Armean betont, dass Schulden ein Problem sind, mit dem viele Leute zu kämpfen hätten und es gerade deshalb sinnvoll sei, darüber zu reden. „Es ist etwas Konkretes und nah am Leben“, sagt er. Die Berater hoffen, dass das Thema Ernst genommen wird und langfristig die Präventionsangebote, vor allem für junge Menschen, ausgebaut werden können. Denn man könne den Betroffenen zwar helfen, wenn die Schulden sich schon gehäuft haben, „doch dann dauert der Prozess sehr lange.“