Gastbeitrag „Krefeld ist besser als sein Ruf“
Thomas Wirtz ist Vorsitzender des Handball-Drittligisten HSG Krefeld und Mitinhaber des Fischelner Betriebes Wirtz Werkzeugbau. Für die WZ schaut er durch seine persönliche Krefeld-Brille.
Krefeld. Krefeld ist ein ordentlicher Wirtschaftsstandort. Ganz vorne ist dafür sicherlich die gute Infrastruktur verantwortlich. Wer regelmäßig in Deutschland und Europa zu den verschiedenen Standorten von Geschäftspartnern fährt, weiß die verkehrstechnische Anbindung von Krefeld zu schätzen. Nicht selten fährt man 30 Minuten oder länger über Land und Dörfer zu den Zielorten oder beliebig länger zum nächsten Flughafen. In Krefeld ist man das anders gewohnt — wahrscheinlich gibt es kaum einen Ort in der Stadt, den man nicht innerhalb von wenigen Minuten nach der Abfahrt erreichen kann.
Mit Autobahnen in alle Himmelsrichtungen samt guter Anbindungen zu den Vororten, mit der kurzen Entfernung zum Flughafen Düsseldorf und nicht zuletzt mit dem Rhein muss man von einer guten Infrastruktur sprechen — trotz der westlichen Randgebietslage in der Republik. Einzig für die Bahn ist der Standort ungünstig und lässt dadurch viele Direktanbindungen nicht zu. Aber wie so oft hat die Medaille zwei Seiten. Wo gute Verkehrsmöglichkeiten sind, ist auch meistens entsprechender Lärm die Folge, der die Lebensqualität der Anwohner schmälert — alles kann man wahrscheinlich nicht haben.
Wenn man aus wirtschaftlicher Sicht von Vorzügen Krefelds sprechen möchte, kann man den bezahlbaren Wohnraum nennen. Im direkten Vergleich zu der einen oder anderen niederrheinischen Stadt steht Krefeld durchaus „noch“ gut da. Allerdings ist das Angebot an verfügbarem Wohnraum zu klein, was ein oft gehörter Nachteil ist und den Zuzug von Fachkräften nicht fördert. Dennoch ist die Wohnqualität inklusive aller Freizeitangebote in Krefeld besser als viele glauben.
Work-Life-Balance ist der Begriff, der gerade bei jüngeren Familien eine immer größere Rolle spielt. Natürlich ist das eine Sache der Unternehmen, aber ganz bestimmt auch ein Thema einer Stadt. Hier bietet Krefeld deutlich mehr als den meisten bewusst ist. Sport und Kultur sowie Naherholungsmöglichkeiten sind vielfältig. Aber gerade an dieser Stelle duckt sich die Stadt zu weit runter und spielt ihre Vorzüge einfach nicht aus. Krefeld hat leider das Image einer grauen Maus — zu Unrecht.
Handel, Textil, Chemie, Metallverarbeitung und Maschinenbau sind große Wirtschaftsbranchen in Krefeld. Alle haben fast die gleichen Notwendigkeiten. Ob klein, mittel oder groß — alle brauchen gute Parameter und Ressourcen. Energiekosten, verfügbare Grundstücke, schlüssige und schnelle Vorgehensweisen bei Amt und Politik sind dabei absolut erst zu nehmen — Themen, bei denen eine Stadt grundsätzlich nie gut genug sein kein. Außerdem spielen die Höhe der Grundsteuer und vor allem der Gewerbesteuer eine gewichtige Rolle. Vor allem die Gewerbesteuer ist dabei für eine kleine Stadt wie Krefeld eindeutig zu hoch.
Eines der Hauptkriterien ist der Faktor Fachkräfte. Hierzu gehören ebenfalls geeignete Jugendliche Schulabgänger als Berufseinsteiger und für Ausbildungsstellen. Dabei hat Krefeld sehr unterschiedliche Gesichter und scheinbar keine klare Linie. Während mit den verschiedenen Fachschulen und vor allem mit der FH Niederrhein durchaus hochwertige Weiterbildungsmöglichkeiten existieren, muss die Bildungsqualität von Schulabgängern für Ausbildungsberufe als schlecht aufgezeigt werden.
Zusammenfassend kann man sagen: Krefeld ist ein ordentlicher Wirtschaftsstandort mit vielen tollen Parametern für Betriebe und ihre Mitarbeiter. Wenn wir das auch für die Zukunft wollen, muss es die Stadt aber verstehen lernen ihr Image aufzupolieren und den grauen Staub abzuschütteln. Jetzt noch ein paar Wohnungen mehr und Jugendliche frühzeitig für das Berufsleben begeistern, dann wären wir auf einem guten Weg.