Hochschul-Professor warnt vor radikalem Fasten „Schlank im Schlaf“ funktioniert
Professor Norbert Ludwig von der Hochschule Niederrhein warnt vor möglichen gesundheitlichen Risiken durch einen radikalen Verzicht auf Nahrung.
Wer in der Google-Suche das Wort „Fasten“ eingibt, landet etwa 130 Millionen Treffer. Mit der christlichen Bußzeit in den 40 Tagen von Aschermittwoch bis Ostern haben aber nur wenige davon zu tun. Häufig geht es vielmehr um Wellness und um Buchtipps zu modernen Ernährungstrends, die vom Heilfasten nach Buchinger über Intervall- und Basen-Fasten bis hin zu Methoden wie „Schlank im Schlaf“ reichen. Professor Dr. Norbert Ludwig vom Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Niederrhein kennt sie fast alle. Er warnt vor möglichen gesundheitlichen Risiken durch einen radikalen Verzicht auf Nahrung.
„Fasten bedeutet in erster Linie Nahrungsverzicht über einen begrenzten Zeitraum“, so Ludwig. Gerade in der beginnenden Fastenzeit bis Ostern gehöre dazu auch der Verzicht auf Dinge wie Alkohol, Nikotin und Süßigkeiten. Davon zu unterscheiden sei eine Diät, bei der es um eine dauerhaft angelegte Ernährungsumstellung gehe.
Das Fasten selbst ist schon lange bekannt. Die alten Ägypter etwa wendeten es schon an, auch das Alte und das Neue Testament berichten davon. Johannes der Täufer zum Beispiel soll sich in der Wüste 40 Tage und Nächte nur von Heuschrecken und wildem Honig ernährt haben, Jesus Christus folgte dem später nach. Die Muslime verzichten im Monat Ramadan tagsüber auf die Aufnahme von Speisen, Getränken und auf das Rauchen.
Jede Form des Fastens bedeutet für den Körper eine Umstellung. Vor allem dann, wenn durch Nahrungsverzicht die Kalorienzahl stark verringert wird, die der Körper erhält. „Je nachdem, wie radikal man das macht, sollte das Fasten nur unter ärztlicher Aufsicht geschehen“, sagt der Professor. Nicht gesund sei der starke Verzicht auf Nahrung etwa für Schwangere und Stillende, aber auch bei Krankheitsbildern wie Magersucht oder Depressionen. Auch Diabetiker müssten aufpassen, wenn sie ihre Ernährung drastisch umstellen.
Mit Fasten kann man
nicht dauerhaft abnehmen
„Mit Fasten kann man keine dauerhafte Reduzierung des Gewichts erreichen“, hält der Experte für Ernährungswissenschaften fest. Dafür sei eine Umstellung der Ernährung notwendig. Beim Fasten komme es zum gefürchteten Jo-Jo-Effekt: Nachdem die Kilos durch mühevollen Verzicht („FdH“) nach unten gedrückt worden sind, folgt nach der Rückkehr zur normalen Ernährung eine starke Gewichtszunahme – manchmal sogar über das ursprüngliche Gewicht hinaus.
Dagegen ist das sogenannte Intervall-Fasten aus Sicht des Fachmanns durchaus interessant, da es Gewicht reduziere und sich sehr gut in den Alltag integrieren lasse. Hier gibt es unterschiedliche Methoden, zum Beispiel das „Dinner Cancelling“, bei dem man an zwei bis drei Tagen in der Woche das Abendessen ausfallen lässt. Nur Wasser und ungesüßte Tees sind dann noch erlaubt. Wer auf diese Weise 14 Stunden keine Nahrung zu sich nimmt, bei dem setze ein Selbstreinigungsprozess des Körpers ein, den Fachleute „Autophagie“ nennen, so Norbert Ludwig. Darunter zu verstehen ist die natürliche Erneuerung und Wiederverwertung beschädigter Zellen. Auch der Professor selbst hat diese Form des Fastens schon erfolgreich ausprobiert.
Sogar „Schlank im Schlaf“ kann funktionieren. Die Methode: Ab etwa 15 Uhr am Nachmittag werden keine Kohlenhydrate – darunter Brot, Kartoffeln, Nudeln und Bier – mehr gegessen bzw. getrunken. Erlaubt sind zum Beispiel noch Salat, Steak, Tomate oder Hühnchen. Folge: Der Körper holt sich in der Nacht die benötigte Energie aus den körpereigenen Fettreserven.
„Eine schöne Methode, um langfristig abzunehmen. Man kann sie ebenfalls gut in den Lebensrhythmus einbauen“, sagt Ludwig. Freilich müsse man darauf achten, in den übrigen Stunden am Tag eine Kalorienzahl von 1800 bis 2000 nicht zu überschreiten: Zwei Stücke Schwarzwälder Kirschtorte zum Frühstück würden die Methode „Schlank im Schlaf“ schnell zunichtemachen.
Beim traditionellen Heilfasten dagegen geht es nach Auskunft des Wissenschaftlers und Mediziners nicht um Gewichtsverlust, sondern darum, den Körper zu entgiften und zu reinigen sowie zur Ruhe zu kommen. Erlaubt ist bei dieser Methode, die auf den deutschen Arzt Otto Buchinger (1878-1966) zurückgeht, an fünf Tagen oder länger nur der Verzehr von Gemüsebrühe und verdünnten Säften. Der Körper erhalte bei dieser Methode eine minimale Menge von etwa 500 Kalorien am Tag, sagt Ludwig. Auch auf diese Weise werde der Zellreinigungsprozesse (Autophagie) in Schwung gebracht – ein dauerhafter Gewichtsverlust ist damit aber nicht zu erreichen. Vielmehr baut der Körper zur Energiegewinnung Eiweiß in den Muskeln ab, was zu Muskelschwund führen kann. Außerdem landen die überflüssigen Pfunde auch hier nach dem Fastenbrechen wieder auf den Hüften.