Abitur 2020 Krefelder Schüler haben noch keinen Frieden mit dem Corona-Abi gemacht

Krefeld · Mit dem Abi 2020 unter Corona-Bedingungen haben Stadtpark-Gymnasiasten noch längst nicht ihren Frieden gemacht. Sie kritisieren Landesbildungsministerin Yvonne Gebauer - bereits Mitte April hatten sie einen Brand-Brief geschrieben.

Paul Hinkel kritisiert, dass die Minsterin nicht reagiert habe.

Foto: Andreas Bischof

Ihr Abitur haben Felix Heilemann (18), Paul Hinkel (18) und Armin Haferbengs (17) seit dem vergangenen Montag in der Tasche: Mit der Bekanntgabe der Noten ging die aufregende Zeit der Prüfungen – drei schriftliche und eine mündliche – zu Ende. „Es ist gut gelaufen. Teils besser als gedacht“, ist von den scheidenden Schülern des Gymnasiums am Stadtpark in Uerdingen zu hören. Auch wenn sie darüber ganz schön erleichtert sind: Mit dem Abi 2020 unter Corona-Bedingungen haben sie noch längst nicht ihren Frieden gemacht.

Rückblick: Mitte April richten die Stadtpark-Gymnasiasten einen von Felix Heilemann formulierten Brand-Brief an  Landesbildungsministerin Yvonne Gebauer. Darin fordern sie vehement: Jeder Schüler sollte selbst entscheiden dürfen, ob er die Abiprüfungen in diesem Jahr überhaupt ablegen möchte. Denn von Chancengleichheit und fairen Bedingungen könne nicht einmal im Ansatz gesprochen werden.

Rund 10.000 Schüler aus ganz NRW schließen sich dieser Forderung an. Doch von Ministerin Gebauer, so berichtet Paul Hinkel im Rückblick, kommt so gut wie keine Reaktion: „Öffentlich hat sie gar nichts dazu gesagt.“ Ihm sei bis heute nicht klar, warum Gebauer dieses gesundheitliche Risiko für alle Beteiligten überhaupt eingegangen sei.

Felix Heilemann hatte im April den Protest an die Schulministerin formuliert. 

Foto: Andreas Bischof

Mottowoche, Abi-Streich
und Ball mussten ausfallen

Warum mussten die Abitur-Prüfungen trotz aller Bedenken durchgezogen werden, jüngere Schüler dagegen mussten noch wochenlang zu Hause bleiben? Diese Frage stellt sich nicht nur der 18-jährige Felix. „Ich habe mich vorher auf die Prüfungen, auf die Mottowoche und den  Abiball gefreut. Aber doch nicht in dieser belastenden Situation“, betont er.

Alles in allem, so ergänzt Armin Haferbengs, seien die Prüfungssituation zwar okay und die Benotung fair gewesen. Möglicherweise habe es sogar einen Corona-Bonus bei den Noten gegeben: „Der Erwartungshorizont lässt Spielraum.“ Aber eine Vergleichbarkeit zu anderen Abi-Jahrgängen gebe es einfach nicht.

Laut Armin Haferbengs war die Prüfungssituation okay.

Foto: Andreas Bischof

Drei Wochen vor den Osterferien waren alle Schüler in NRW Knall auf Fall nach Hause geschickt worden. Die Enttäuschung bei den Abiturienten darüber war vielfach groß: Kein richtiger Abschied  von der Stufe, keine Mottowoche, kein Abi-Streich. „Die Abrundung fehlt“, sagt Armin Haferbengs.

Doch das war nur ein Teil des Problems. Wochenlang war nicht klar, ob es überhaupt Abi-Prüfungen geben kann. Und dann stand nicht fest, unter welchen Bedingungen. Die Nachbereitung von Unterrichtsstoff nach den Osterferien war schließlich auf drei Stunden pro Fach beschränkt. „Das war viel zu wenig“, sagt Felix Hinkel.

Ob zuvor der digitale Unterricht funktionierte, hing von der technischen Ausstattung der einzelnen Schulen, der Schüler daheim sowie vom technischen Sachverstand der Lehrer ab. Die Lehrer und Schulleiter seien in diese Situation einfach hinein geschubst worden.  „Die Verantwortung wurde vom Ministerium an die Schulen abgegeben“, kritisiert Felix Heilemann.

Erst heute, nachdem er das Corona-Abitur 2020 hinter sich gebracht hat, ist Paul Hinkel klar geworden: „Ich habe die Schule lange nicht genug gewürdigt. Dass meine Schulzeit jetzt so enden muss, hat mich getroffen.“

Armin Haferbengs schaut gleichzeitig nach vorne: „Wir haben in gewissem Sinn sogar noch Glück gehabt. Aber was machen die Abschlussjahrgänge des nächsten Jahres? Die hatten ja nicht einmal eine Stufenfahrt. Und wegen des wochenlangen Unterrichtsausfalls in diesem Jahr werden deren Probleme noch größer sein.“ Den ausgefallenen Stoff könne man in so kurzer Zeit kaum nachholen. Felix Heilemann hofft darauf,  dass sein Protest-Brief vielleicht im nächsten Jahr bei den Betroffenen Wirkung entfaltet: „Man muss ja nicht alles so hinnehmen.“

Die Zeugnisübergabe für die 75 Abiturienten des Gymnasiums am Stadtpark ist am 27. Juni, ab 11 Uhr, auf dem Schulhof oder in der Heinrichskirche. Einen Abiball kann es danach nicht geben. „Vielleicht ja kleine improvisierte Feiern“, hoffen die drei Abiturienten. Sie wissen: „In Corona-Zeiten gibt es keine Ideal-Lösung.“