Wirtschaft Krefelder will Atomkraftwerke recyceln

Krefeld · Wenn deutsche AKW stillgelegt werden, sieht Johann W. Conrads eine Chance für sein Patent. Die „gesäuberte“ Infrastruktur kann damit für die Produktion regenerativer Energien genutzt werden.

Der Chef der JC Gruppe hat einen Plan, was mit abgeschalteten Atomkraftwerken passieren könnte.

Foto: Ja/Andreas Bischof

Vielleicht schon in acht bis zehn Monaten könnte es soweit sein. Dann könnte ein Patent umgesetzt werden, mit dem das erste Atomkraftwerk sozusagen recycelt wird. Statt es abzuschalten, stillzulegen und zurückzubauen, könnte aus einem Großteil des Gebäudes und der restlichen Infrastruktur zum Beispiel eine Wasserstoffproduktionsanlage entstehen.

Wo, darum macht Johann W. Conrads, Gründer, Gesellschafter und Geschäftsführer der JC Gruppe mit Sitz in Krefeld, ein Geheimnis. Schließlich wolle er „die Sondierungsgespräche nicht gefährden“. Gespräche mit Vertretern der Atomkraftwerkbetreiber, also der Energieunternehmen, Vertretern der Bundesregierung und eines Bundeslandes, das der 57-Jährige aus den gleichen Gründen auch nicht weiter nennen möchte.

Für Conrads ist das Patent, das er gemeinsam mit Professor Dr. Ralph Simon von der Hochschule Bingen und Dr. Hans-Joachim Huf, ehemaliger Forschungsleiter des Max-Planck-Instituts angemeldet hat, aus vielerlei Gründen die logische Konsequenz des Atomausstiegs in Deutschland. „Einmal, weil wir Alternativen brauchen. Wenn man aus der Atomkraft aussteigt, muss man den Menschen auch erklären, wie wir an Strom kommen“, sagt der Diplom-Ingenieur, der Maschinenbau und Kerntechnik studierte.

Die Gebäude und restliche Infrastruktur der Atomkraftwerke seien perfekt für die Produktion regenerativer Energie wie zum Beispiel Wasserstoff. „Eine Genehmigung für den Neubau solcher Anlagen würde Jahre dauern“, so Conrads, „aber an den Standorten der Atomkraftwerke ist schon so vieles da, was man nutzen kann.“ Für deren Genehmigung müssten Auflagen erfüllt werden wie Erdbebensicherheit, Überflugverbote, die Nähe zu Gewässern zum Kühlen, Anbindung ans Schienennetz, Notfallevakuierungspläne, 24-Stunden-rund-um-die-Uhr-Überwachung. „Das sind Pakete, bei denen wir dumm wären, sie nicht zu nutzen.“

Denn tatsächlich würden nach dem Abschalten und Stilllegen der Atomkraftwerke in Deutschland deren Standorte sowieso nicht verschwinden. Das Projekt „grüne Wiese“ sei eine Illusion. „So lange es kein Endlager für Atommüll gibt, können die Standorte nicht komplett aufgelöst werden“, sagt Conrads. Die Auflage der Bundesregierung lautet: Jedes Kraftwerk hat auf seinem Betriebsgelände ein Zwischenlager. Bei einem Totalabriss würde alles artenrein sortiert – auch die radioaktiv belasteten Bestandteile, allen voran die Brennstäbe würden verpackt und vor Ort gelagert.

Am Ende entlaste ein nur teilweiser Rückbau, wie es das Patent von Conrads, Huf und Simon vorsieht, die Steuerzahler, meint der JC-Chef. Die Bundesregierung hat gesetzlich festgehalten, dass die Betreiber pro Atomkraftwerk je nach Bauart einen bestimmten Betrag in einen Topf zahlen müssen. Damit sollen die laufenden Kosten der Lagerung gedeckt werden, solange es kein Endlager gibt. Es geht um etwa 900 Millionen Euro pro Atomkraftwerk. „Das Geld liegt bereit. Aber jeder weiß, dass die Zwischenlager weiter betrieben werden müssen, wenn es aufgebraucht ist“, schränkt Conrads ein. „Diese 900 Millionen Euro sind die maximale Summe. Wenn es teurer wird, zahlt der Staat. Und der Staat sind wir. Warum sollen wir also Ressourcen kaputtmachen.“ Er und seine Mitstreiter wollten verhindern, dass der Staat überhaupt einspringen muss. „Unsere Lösung ist 25 Prozent günstiger.“

Würde Conrads Einschätzung, dass das Patent im kommenden Jahr umgesetzt werden kann, Wirklichkeit, könnte der Neubau nötiger Infrastruktur für alternative Produktionsanlagen parallel zum Rückbau der ursächlichen Atomkraftwerks-Ausstattung laufen. „Das ist kein Abriss wie bei einem Einfamilienhaus. Also kann man damit rechnen, dass ein solches Projekt nach fünf Jahren fertig wäre.“