Krefelder Wirtschaft Marketingpreis für Tiernahrung und Recycling

Krefeld · Die Jury des Krefelder Marketingpreises hat in diesem Jahr zwei Unternehmen ausgezeichnet — und beide haben in ihren Geschäften nichts mit klassischer Werbung zu tun.

Dirk Wellen und Simone Konjkav haben am Donnerstagabend, 10. Oktober, den Krefelder Marketingpreis 2019 verliehen bekommen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Ulrich Kiffe, Präsident des Marketing-Club Krefeld, hat eine schöne Formulierung für den Zustand, in dem die Jury des dazugehörigen Preises steckte. Man sei „positiv irritiert“ gewesen sagt er. Und das gleich zwei Mal, denn die Auszeichnung ist am Donnerstagabend nicht an ein, sondern an zwei Unternehmen gegangen. Und beide Unternehmen erhielten ihre Preise nicht dafür, dass sie eine klassische Werbekampagne gestartet haben: Rondo Food mit Sitz an der Magdeburger Straße ist für die Unternehmensführung und den Wandel vom Lebensmittel- zum Tiersnack-Hersteller geehrt worden. Die Innovative Metal Recycling (IMR) GmbH aus dem Hafen hat den Sonderpreis der Jury für ihr Mitarbeiter-Marketing erhalten.

Den Erfolg ihrer Initiative konnte Simone Konjkav an ihrem E-Mail-Postfach ablesen. Dort, wo normalerweise keine oder wenige Bewerbungen landeten, waren nach einer Woche Urlaub mehrere Dutzend Schreiben möglicher Auszubildender gelandet. Bis dahin hatte sich IMR nicht groß mit Marketing beschäftigen müssen, weil sich bei den potentiellen Geschäftspartnern herumsprach, dass dort Metall sortiert, zerkleinert und sortenrein wieder in den Wirtschaftskreislauf gebracht wird.

Dann aber bekam auch IMR den Fachkräftemangel zu spüren. Es gab einfach kaum noch jemanden auf dem Arbeitsmarkt, der die passenden Qualifikation hatte. Deshalb wollte IMR selber ausbilden, fand aber zunächst wenig Wege zur Zielgruppe. Deshalb startete das Unternehmen die Kampagne mit dem Titel „Heavy Metal — Heart of Gold“, um in Krefeld und speziellen bei jungen Krefeldern bekannter zu werden. Die Internetseite wurde komplett überarbeitet, es wurden Videos für Azubis gedreht, Kitas und Schulklassen zu Besichtigungen eingeladen, passende Flyer gedruckt. Das Ergebnis: Statt null bis fünf kamen fünf bis fünfzig Bewerbungen, IMR hat neun Auszubildende eingestellt, darunter auch eine junge Frau, die Berufskraftfahrerin werden möchte.

Positiv irritiert hat auch Rondo Food, weil das Unternehmen etwas produziert, das gar nicht seinen Namen trägt. Rondo Food ist im Private-Label-Geschäft, das heißt seine Snacks für Hunde und Katzen werden unter anderen Markennamen von großen Unternehmen, etwa Aldi oder Fressnapf, verkauft. Und das, obwohl das Unternehmen wesentliche Teile seiner nun 125-jährigen Geschichte etwas anderes hergestellt hat. Die Firma Theo Wellen produzierte Puddingpulver und Artverwandtes für große Marken.

Als die Verantwortlichen Ende des vergangenen Jahrhunderts diskutierten, wie die Aussichten in ihrem wachstumsschwachen Markt sind, davon weitere Jahrzehnte leben zu können, kamen sie zu der Entscheidung, ein neues Produktfeld suchen zu müssen. Und hatten dann mehrfach Glück: Sie fanden eine Maschine, deren Eigentümer damit kein rechtes Geschäftsfeld fand, und kauften damit auch gleich noch den Namen Rondo. Als sie damit ins Tiersnackgeschäft einstiegen, brachten andere Unternehmen gerade einige innovative Produkte auf den Markt, die Rondo gut nachempfinden konnte. Und bei Aldi war für Tierfutter der selbe Mann verantwortlich, mit dem die Krefelder auch schon in Puddingzeiten zu tun hatten. Er vertraute ihnen und verzieh ihnen auch einige Anfängerfehler.

Heute, nach 25 Jahren, ist Rondo Food vier bis fünf Mal so groß wie das einstige Unternehmen. Es beschäftige an drei Standorten (Krefeld, Halle an der Saale und in Irland) rund 600 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von rund 160 Millionen Euro. „Es war wie beim Surfen. Man braucht das Glück, eine Welle zu erwischen, und man muss auf dem Brett bleiben“, sagte Dirk Wellen, einer der drei Geschäftsführer, bei der Preisverleihung am Mittwoch.