Umfrage Krefelds Händler sind von der Kassenbon-Pflicht genervt

Krefeld · Für einige ist sie „völliger Quatsch“, für andere bedeutet sie keinen großen Unterschied — eine Umfrage.

„Kassenbons bitte hier wegwerfen“ — Apothekerin Mareile Schlebes hat Abfallbehälter bereitgestellt.

Foto: Andreas Bischof

Mareile Schlebes hat zwei Müllbehälter in der Apotheke am Moritzplatz aufgestellt. Die haben nur einen Zweck: Kunden, die seit dem Inkrafttreten der Kassenbonpflicht ihren Beleg nicht haben möchten, können ihn dort entsorgen. Und das sind nicht wenige. „Wieso jetzt? Sie speichern doch alles“ oder „Lassen Sie mich mit dem Bon in Ruhe“ seien zum Beispiel Aussagen von Kunden. „Für uns ist es sehr belastend“, erklärt Schlebes, die nicht nur die Apotheke am Moritzplatz leitet, sondern auch Sprecherin für die Krefelder Apotheken ist. Von ihren Kollegen im Stadtgebiet habe sie ähnliches gehört.

Ein Problem: Bei jedem Vorgang werde ein Beleg erstellt — auch dann, wenn gar kein Geld fließe. Zum Beispiel, wenn der Patient von der Zuzahlung befreit oder ein Medikament nicht lieferbar ist. Auch für die Auslösung einer Bestellung muss ein Bon gedruckt werden, so Schlebes. Dabei sei gerade bei Apotheken alles drei- bis vierfach abgesichert.

Zudem würden sich bei Apotheken viele Kunden registrieren lassen. Sie würden am Ende des Jahres eine Übersicht mit allen Einkäufen bekommen. Personalisierte Kassenbons mit dem Namen des Kunden gebe es in der Apotheke am Moritzplatz nur noch auf Nachfrage. Diese Funktion sei abgestellt worden, da  aus Datenschutzgründen jeder dieser Bons geschreddert hätte werden müssen. Wer einen Beleg mit Namen möchte, bekomme natürlich weiterhin einen.

In der Apotheke am Ponzelar am Südwall werden diese Belege sofort geschreddert, erklärt Leyla Gergery, Pharmazeutisch-technische Assistentin. Das bedeute zusätzliche Arbeit. Auch die Material-Kosten würden steigen, es wird mehr verbraucht und mehr gedruckt.

Die Betreiberin des Kiosks am Moritzplatz gibt sich kämpferisch. Man müsse sich wehren. Sie möchte das Finanzamt anschreiben, erklärt Ursula Bongartz. „Sie können sich anschauen, wie es läuft“, sagt sie. Im Kassensystem werde sowieso alles registriert. Für Händler mit „neuen Kassen“ sei die Regelung „völliger Quatsch“. Es gebe andere Probleme, die wichtiger sind, zum Beispiel den Umweltschutz.

Für rund 350 Kunden müsse Bongartz täglich Belege ausdrucken. Dabei würden viele schon beim Betreten des Geschäftes erklären, dass sie den Bon nicht brauchen. Sie habe schon von mehreren Einzelhändlern gehört, dass sie ihre gesammelten Bons nach Berlin schicken möchten.

„Wir wären dafür, es abzuschaffen, weil das unsinnig ist“, sagt auch Cordula Otto, Inhaberin der Apotheke an der Hauptpost am Ostwall. Unter der Technik, die es bereits gebe, könnten sowieso keine Steuern hinterzogen werden.

Sie achte darauf, die Umwelt zu schonen, die Bonpflicht durchkreuze das aber. 95 Prozent ihrer Kunden wollten keinen Bon. Sie müsse die zusätzlichen Kosten für Thermopapier und Patronen für die Drucker aufwenden. Und ihre Kunden sähen es ähnlich. Cordula Otto hat nach eigenem Bekunden „keinen erlebt, der das in Ordnung findet“.

Nicht alle Händler
mussten sich groß umstellen

Die neue Regelung sei „drastisch“ für die, die „Minimalumsätze“ in hoher Anzahl haben — etwa Bäckereien oder Kioske, meint Markus Ottersbach, Geschäftsführer des Handelsverbandes Krefeld - Kempen - Viersen. Für andere — wie etwa Kaufhäuser, andere Einzelhändler oder den Lebensmittelhandel — sei die Bonpflicht kein Problem, da diese häufig auch vor der Umstellung schon automatisch ausgedruckt wurden. Auch für den Kunden ändere sich dadurch wenig — zum Beispiel beim Einkaufsbummel in der Innenstadt — wer den Beleg haben möchte bekommt ihn, wer nicht, eben nicht. Dennoch sei „die ganze Aktion schwachsinnig“. Man sollte unter Strafe stellen, wenn jemand nicht bongt, aber nicht die Ausgabe des Belegs vorschreiben. Die neue Regel komme für den Einzelhandel hingegen einer Unterstellung gleich. Die Erfassung sei für Händler auch wichtig, um den eigenen Warenfluss im Blick zu haben.

Die „Tendenz, Unternehmer sind Verbrecher“, komme auch bei Johannes Gruyters, der den gleichnamigen Bäckereibetrieb mit mehreren Filialen in Krefeld leitet, an. Die Bürokratie nehme zu, die eigentliche Arbeit rücke in den Hintergrund. Die Mitarbeiter im Verkauf seien angewiesen worden, dass jeder Kunde unaufgefordert einen Beleg bekommt. Bei der Umstellung der elektronischen Kassensysteme sei das „ein Klick“ gewesen. Viele Kunden ließen den Bon aber auf der Theke liegen. Den könne man der Kundschaft schließlich nicht „um den Hals hängen“, so Gruyters.

Das ist laut Auskunft des Finanzministeriums auch nicht nötig. „Es besteht nur die Pflicht zur Ausgabe eines Belegs und die Pflicht, diesen unmittelbar zur Verfügung zu stellen“, erklärte eine Sprecherin der Behörde gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.